Euroregion Elbe/Labe

Wochenrückblick Nr. 49

ANO gewinnt die Wahlen im Bezirk Ústí – Beräumung der Edmundsklamm beginnt – Namenssuche

27.09.2024

ANO gewinnt die Wahlen im Bezirk Ústí

Richard Brabec hat die Qual der Wahl. Der Spitzenkandidat der Partei ANO und souveräne Sieger der Wahlen vom vergangenen Wochenende im Bezirk Ústí kann sich seine Koalitionspartner aussuchen. Für eine Mehrheitsregierung fehlen ANO nur zwei Mandate. Die kleinste im Bezirksparlament vertretene Partei Lepší Sever hat vier Mandate. Das würde reichen, um Richard Brabec zum Bezirkshauptmann zu wählen. Sowohl ANO als auch ihr Bezirkschef Richard Brabec gelten als programmatisch so flexibel, dass sie tatsächlich mit jeder Partei koalieren würden. Zuzutrauen wäre sogar ein Bündnis mit den rechten Nationalpopulisten von SPD oder dem Bündnis aus Kommunisten und Sozialdemokraten Stačilo! (Es reicht!) mit dem früheren Bezirkshauptmann Oldřich Bubeníček an der Spitze. Insgesamt haben es sechs Parteien ins Parlament geschafft. Aber während ANO mit 26 Mandaten knapp an der absoluten Mehrheit vorbeischrammte, kommen die Bürgermeisterpartei STAN und die konservativ-liberalen Bürgerdemokraten ODS auf den folgenden Plätzen nur auf jeweils 7 Mandate. Für beide lief die Wahl enttäuschend. Die letzten vier Jahre war die ODS als zweitstärkste Kraft in der Bezirksregierung vertreten. Ob das diesmal wieder klappt, ist sehr fraglich. STAN konnte sein Ergebnis zwar fast wiederholen, hatte aber mit dem noch jungen Bürgermeister von Česká Kamenice, Jan Papajanovský an der Spitze, mehr erwartet.

Am schlimmsten traf es aber die Piratenpartei und die Verbündeten Spojenci (Grüne, TOP09, JsmePro). Die Piraten sackten von über 10 Prozent auf nur noch 3 ab und sind nicht mehr im Parlament vertreten. Raus ist auch das Bündnis Spojenci, das nur noch etwas über 4 Prozent erreicht. Vor vier Jahren machten da noch 5.000 Wähler mehr ihr Kreuz. Am Ende waren die Spojenci sogar Teil der Koalition.

Dass ANO am Ende so dominiert, war nicht zu erwarten. Immerhin musste die Partei kurz vor den Wahlen noch ihren Spitzenkandidaten austauschen. Der bisherige, Marek Hrabáč, bis Anfang September Oberbürgermeister von Chomutov (Komotau) und auch im Bezirksrat vertreten, wurde wegen Korruptionsverdacht von der Polizei festgenommen und sitzt bis heute in Untersuchungshaft. Doch das schien die Wähler nicht zu bremsen. Dass ANO im Bezirk Ústí treue Stammwähler hat, war bekannt. Dieses überragende Resultat hat sie aber der landesweiten Politik zu verdanken. Die Wahlen wurden zu einer Abstimmung über die Regierung in Prag.

Doch weil die Auswahl an möglichen Koalitionspartnern nun so groß ist, dauert es mit der Findung doch länger. Eine Rolle spielt auch die zweite Runde der Senatswahl, die am kommenden Wochenende ansteht. Beobachter gehen davon aus, dass eine Entscheidung über den Koalitionspartner erst Anfang nächster Woche fällt. Dann sollte es aber ganz schnell gehen. Zu tun gibt es für die neue Regierung einiges. Der Bezirk entscheidet unter anderem über die Schulpolitik und den öffentlichen Verkehr im Bezirk. In den kommenden Jahren stehen wichtige Vorhaben an wie der Bau der Neubaustrecke für die Eisenbahn von Prag nach Dresden, der Lithiumabbau im Erzgebirge oder die Einstufung des Erzgebirges als Landschaftsschutzgebiet. Bei allem hat auch der Bezirk ein Wörtchen mitzureden.

Beräumung der Edmundsklamm beginnt

Oberhalb der Edmundsklamm im März 2024
Oberhalb der Edmundsklamm im März 2024 (© Prokop Pithart)

Voraussichtlich schon nächste Woche beginnen in der Edmundsklamm (Edmundova soutěska) in der Böhmischen Schweiz die Motorsägen zu kreischen. Dann werden 80 Schadbäume aus dem Bachbett oder am Rande der Schlucht entfernt. Dieses Vorgehen ist eine kleine Überraschung. Denn zwei Jahre wehrte sich die Nationalparkverwaltung Böhmische Schweiz gegen einen Eingriff in die Edmundsklamm. Dort befinden sich eine Vielzahl von Bäumen, die durch den Borkenkäfer und vor allem den Waldbrand im Sommer 2022 so beschädigt sind, dass sie jederzeit in die Klamm stürzen könnten. Aus Sicherheitsgründen wurde die bei Touristen beliebte Edmundsklamm deshalb bis auf weiteres gesperrt. Zugleich konnten die schadhaften Bäume bzw. Baumstämme nicht beseitigt werden, weil das für die Arbeiter zu gefährlich und der Einsatz in dem schwer zugänglichen Terrain insgesamt zu teuer war. Der Eingriff würde zudem die streng geschützte Klamm derart schädigen, dass dies dem durch das Gesetz vorgegeben Schutz widersprechen würde.

Deshalb beschloss die Nationalparkverwaltung im März, die Klamm noch mindestens bis 2027 zu sperren. Dann wolle man prüfen, ob die Bäume bereits von allein umgefallen sind, um sie zu beseitigen und die Klamm wieder zu öffnen. Das hieß aber auch, dass die Sperrung noch länger als nur bis 2027 dauern könnte, wenn die Schadbäume noch nicht in ausreichender Zahl umgefallen sind. Die Natur könne und solle sich allein behelfen. Ein Video des Nationalparks vom März zeigt den damaligen Zustand (zu sehen bei Youtube).

Sechs Monate später ist alles anders. Denn in den nächsten Wochen werden nicht nur die rund 80 Schadbäume aus dem Bachbett und dem Rand der Schlucht beseitigt. Die Forstarbeiten sollen auch auf dem Teil oberhalb der Strecke fortgesetzt werden, wo bis Sommer 2022 im angestauten Wasser des Baches Kamenice (Kamnitz) immer die Boote fuhren. Auch oberhalb der Anlegestelle sollen schadhafte Bäume entfernt werden.

Hintergrund für den überraschenden Sinneswandel ist das Hochwasser. Zwar hatte die Gemeinde Hřensko (Herrnskretschen), der die Flächen in der Klamm gehören, den Nationalpark mehrfach aufgefordert, die Schadbäume zu beseitigen, wurde aber nicht erhört. Aufgrund des Starkregens vor zwei Wochen fürchtete die Gemeinde nun aber auch ein Ansteigen des Pegels der Kamenice. Wieder forderte die Gemeinde im Vorfeld, die Baumstämme aus dem Bachbett zu beseitigen. Sie hätten das Wasser anstauen oder vom Wasser mitgespült werden können. In beiden Fällen hätte es zu schweren Schäden nicht nur in der Klamm, sondern auch im Dorf kommen können.

Die Gemeinde wandte sich nun nicht mehr nur an den Nationalpark, sondern auch an den Flussbetrieb Ohře (Eger), der für die Kamenice zuständig ist, sowie an das Umweltministerium, das sowohl dem Nationalpark, als auch dem Flussbetrieb übergeordnet ist. Und auf einmal ging alles ganz schnell. Zwar nicht schnell genug für das aktuelle Hochwasser, doch das lief zum Glück glimpflich ab. Die Kamenice stieg nicht wesentlich an und Gefahr drohte dem Dorf nur aus dem Rückstau von der Elbe. Doch nun ist bereits eine Firma gefunden und die Arbeiten in der Edmundsklamm können endlich beginnen. Sie sollen noch im Herbst abgeschlossen werden. Ob sich daraus eine frühere Öffnungsperspektive der Klamm für Touristen vielleicht schon im nächsten Jahr ergibt, steht noch nicht fest.

In eigener Sache: Namenssuche

Seit einem Jahr gibt es nun diesen Newsletter, der erfreulicherweise immer beliebter wird. Mit dem ursprünglichen Namen "Wochenrückblick" sind wir inzwischen nicht mehr so recht glücklich. Er beschreibt die Sache nur unzureichend.

In der Hoffnung auf umwerfende Schwarmintelligenz bzw. -kreativität fragen wir nun Sie: Wie würden Sie unseren wöchentlichen Blick nach Tschechien und in die Grenzregion nennen? Der Titel sollte genau das beschreiben, aber zugleich griffig und nicht zu lang sein und auch in den sozialen Medien funktionieren. Welcher Titel würde Sie zum Lesen animieren?

Ihnen fällt da was ein? Dann schreiben Sie uns bitte Ihre Ideen an newsletterelbelabe.eu. Wenn wir uns für einen Vorschlag entscheiden, bedanken wir uns mit einem Historischen Atlas der Euroregion Elbe/Labe und einer Auswahl besonderen böhmischen Biers.

 

 


 

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