Euroregion Elbe/Labe

Jarmila Ptáčková

Wir bieten den Menschen ein Treffen mit anderen Kulturen, nicht unsere eigenen Meinungen.

Groß Schönau / Velký Šenov

Jarmila Ptáčková (*1980) ist in Deutschland, Tibet, China und Groß Schönau zu Hause. In der Region um Nixdorf erlebt sie seit einigen Jahren ein besonderes Gefühl der nachbarschaftlichen Verbundenheit. Sie versucht, ihr theoretisches Wissen über asiatische Kulturen und ihre praktischen Erfahrungen, die sie auf ihren Reisen gesammelt hat, an die Einheimischen und Besucher der Region Schluckenau auf anschauliche Weise weiterzugeben. Dank ihr können sie lernen, dass Tandur und Stupa keine Schimpfwörter sind und dass sie keine Angst vor Menschen haben müssen, die sie benutzen.

Wie war Ihre Reise hierher, in eine der abgelegensten Gegenden der Tschechischen Republik?

Ich bin derzeit in Groß Schönau, am Dreiländereck Wölmsdorf — Nixdorf — Groß Schönau. Wir nennen es das Schluckenau-Dreieck, aber katastermäßig gehören wir zu Groß Schönau. Ich komme nicht von hier, sondern ursprünglich aus Jungbunzlau und bin ein bisschen zufällig und ein bisschen geplant in diese Gegend gekommen. Ich habe 17 Jahre lang in Deutschland gelebt, dort studiert und dann dachten mein damaliger deutscher Partner und ich, es wäre eine gute Idee, in die Tschechische Republik zu ziehen. Wir haben versucht, einen Kompromiss zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland zu finden, und haben uns für die Grenzregion entschieden. Es war einfach ein strategischer Ort auf dem Weg von Deutschland nach Böhmen.

Für viele Menschen ist die Region Schluckenau eher ein Randgebiet, das nicht viel Interesse genießt. Wie lebt sich jemand hier ein, der nicht von dort kommt?

Wenn man eine Karte nimmt und es logistisch sieht, scheint Schluckenau ein strategischer Ort zu sein. Aber wenn man dann tatsächlich hier ist, sieht die Situation ein wenig anders aus. Es handelt sich um eine der abgelegensten Gegenden der Tschechischen Republik, und die Anreise mit dem Zug war recht problematisch. Aber die offenen Grenzen zu Deutschland haben das stark verändert. Es ist näher an Dresden als an Prag. Und durch die Wiederherstellung der Zugverbindung nach Deutschland, die hier bereits vor mehr als einem Jahrhundert in Betrieb war, wurde die Verbindung nach Prag verkürzt. Natürlich dauert es eine Weile, bis man sich zurechtfindet. Aber ich muss sagen, dass es kein Problem war, sich daran zu gewöhnen. Ich mochte es von Anfang an, hier ist es so nachbarschaftlich. Wenn man etwas organisieren muss, begegnen einem die Leute oft sehr nachbarschaftlich und offen und nicht steif. Und als wir mit unserer Bildungsarbeit begannen, schlossen wir uns nach und nach mit verschiedenen Institutionen und gemeinnützigen Organisationen zusammen. Es gibt hier viele unternehmerische und einfallsreiche Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten. Andererseits gibt es auch die Alteingesessenen, die etwas länger brauchen, bevor sie dazukommen und mitmachen, und die allem, was anders und neu ist, misstrauisch gegenüberstehen. Und dann gibt es natürlich noch die Gruppe der sogenannten sozial Ausgegrenzten, der Teil der Bevölkerung, der sich historisch hier versammelt hat und immer noch ein wenig anders ist. Die Gesellschaft ist also sehr vielfältig, aber auch sehr sympathisch. Ich fühle mich hier wohl. Ich denke, es ist ein sehr guter Ort zum Leben, wenn man hier einen Job findet.

Sie leben nicht nur in Groß Schönau, sondern haben hier auch einen Verein gegründet. Was hat Sie dazu bewegt und was ist seine Aufgabe?

Als wir hierher kamen, haben wir uns überlegt, was uns gefallen würde und was wir hier tun könnten. Ich interessiere mich beruflich für China und Tibet, ich arbeite für das Orientalische Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, und mir scheint, dass es in der Tschechischen Republik solche Klischees und Vorstellungen über Tibet gibt, die sehr weit von der Realität entfernt sind. Es schien mir keine schlechte Idee zu sein, zu versuchen, irgendwie zu vermitteln, wie die tibetische Gesellschaft funktioniert, und einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen von dort und Menschen von hier treffen und etwas übereinander lernen und vielleicht einige Vorurteile und Ängste abbauen können. So entstand die Idee, unser Wissen zu nutzen und es der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen — auf eine etwas andere Art als in Form von wissenschaftlichen Artikeln und Berichten. Diese erreichen in der Regel nicht einmal die Öffentlichkeit oder niemand will sie lesen. So kamen wir auf die Idee, einen Ort der Begegnung und des Lernens über Asien zu schaffen.

Was gibt es, außer einem Stupa oder einer Yakherde, bei Ihnen zu entdecken? Wie funktioniert das hier?

Wir nennen es das Gebiet zum Kennenlernen der asiatischen Regionen, durch das der asiatische Lehrpfad führt (der gelb markierte Pfad von der Haltestelle Nixdorf — unterer Bahnhof). Letztes Jahr konnten wir mit Unterstützung der VIA-Stiftung und Opavia Infotafeln aufstellen. Nach und nach kommen weitere Stationen hinzu, da unsere Aktivitäten durch andere Kollegen aus dem Orientalischen Institut und anderen Institutionen bereichert werden. Wir haben zum Beispiel einen usbekischen Tandur gebaut, einen Brotbackofen. Besucher können ihn direkt ausprobieren. Eine der Stationen auf dem asiatischen Lehrpfad ist der tibetische Stupa. Wegen ihm hörten wir von unseren Nachbarn das Gerücht, dass wir hier eine Sekte haben, dass wir meditieren und Yoga praktizieren, diese sehr spirituellen Ideen... Das war nicht der Punkt, aber in Tibet, sogar in islamischen Ländern, ist die Religion ein sehr enger Bestandteil des täglichen Lebens — anders als in unserer Gegend. Es gibt also religiöse Menschen, die hierher kommen, um am Stupa zu meditieren und die Atmosphäre zu erleben. Manche Leute kommen nur, um sich umzuschauen und Informationen zu lesen, und andere gehen dorthin, um sich spirituell zurückzuziehen. Obwohl wir keine Buddhisten sind, haben wir versucht, den Stupa nach allen Regeln zu bauen,
so wie er sein sollte. Wir kennen es aus der Praxis und aus der Theorie, aber es war interessant, zu sehen, wie es tatsächlich gemacht wird. Es handelt sich um eine hohle Struktur, die mit Buddhastatuen aus ungebranntem Ton gefüllt ist, die mit einer Art Gussform hergestellt wurden. So haben wir zum Beispiel mit Kindern kleine Buddhas gebastelt. Dann haben wir im Rahmen unseres Sommerfestes eine Initiationszeremonie abgehalten. Wir haben einen tibetischen Mönch eingeladen, die Zeremonie durchzuführen. Und das war wiederum etwas, das die Menschen hier sehen und über dieses Ritual lernen konnten. Es gibt auch eine mongolische Jurte. Und im letzten Jahr haben wir einen mongolische Ovo gemacht [Traditionelle Steinhügel in der Mongolei, die oft mit bunten Fahnen geschmückt sind]. Jetzt bauen wir das Hauptgebäude unseres Areals, das wie ein tibetisches Haus aussehen soll.

Grundstein des tibetischen Hauses.

Was ist Ihr Motiv, ausgerechnet hier und ausgerechnet ein solches Bildungszentrum zu betreiben?

Wir möchten teilen, was wir bei unserer Arbeit und in anderen Teilen der Welt erleben durften. Hier in der Grenzregion ist das Thema fremde Kulturen und Migranten (insbesondere auf sächsischer Seite) sehr präsent. Auch hier machen viele Menschen rassistische Bemerkungen, wenn sie zum Beispiel an Häusern vorbeifahren, in denen Roma leben. Ich denke, es lohnt sich, den Menschen mehr Informationen über andere Kulturen anzubieten. Wir versuchen nicht, jemandem vorzuschreiben, was er denken soll, was falsch und was richtig ist. Unser Interesse ist es, die Informationen, die wir haben, anzubieten. Wir finden es schade, sie für uns zu behalten, und wir glauben nicht, dass es Sinn unserer Arbeit ist, die wissenschaftlichen Inhalte nur für andere wissenschaftliche Einrichtungen oder Organisationen zu filtern. Auch Nicht-Wissenschaftler können von diesen Informationen profitieren. Damit erhalten wir ein Ergebnis, das noch einmal anders gesehen wird als die Zitate in unseren Veröffentlichungen. Wir organisieren zum Beispiel Vorführungen von Dokumentarfilmen aus asiatischen Regionen. Wir bieten einen Vortrag von jemandem an, der die Region kennt, damit wir darüber sprechen können. Hier in Nixdorf kommen vielleicht nur zwei oder drei Einheimische, aber dann reden sie und fangen an, Fragen zu stellen. Sie sind zum Beispiel daran interessiert, dass das Thema Frauen in den arabischen Ländern manchmal ähnlich ist wie bei uns — die Stellung der Frauen und das, was sie gesellschaftlich zu bewältigen haben, ist nicht ganz einfach. Plötzlich erkennen sie, dass die Aussage „alle Muslime sind Terroristen“ sehr ungenau ist und dass wir zwischen Menschen überall auf der Welt unterscheiden müssen. Dann habe ich das Gefühl, dass unsere Tätigkeit sinnvoll ist. Unsere größte Veranstaltung ist derzeit das Eastern Tunes Festival für asiatische Musik und Kultur. Wir versuchen, Künstler aus Asien einzuladen, aber das hängt davon ab, wie viel Geld wir zur Verfügung haben, also werden einige aus Asien kommen und andere aus Europa, wo sie bereits dauerhaft ansässig sind. Wir wollen, dass sie traditionelle und moderne Musik mitbringen. So gibt es Jazz, Punk, Rock, Metal, aber auch traditionelle Musik, kurzum: von allem etwas. Wir haben Besucher aus verschiedenen Teilen des Landes, aus Deutschland, aus anderen Teilen Europas. Und wir versuchen auch, Einheimische anzuziehen. Von den ganz Lokalen, sagen wir mal die konservativen Alteingesessenen, kommen am wenigsten, aber jedes Jahr werden es mehr, und darüber sind wir sehr froh. Sie haben oft das Vorurteil, dass das hier etwas Seltsames ist. Aber wenn sie kommen, stellen sie oft fest, dass sie die Musik kennen oder dass sie sich damit identifizieren können. Wir bieten auch viele Spiele für Kinder, Puppenspiele und Kostproben aus verschiedenen Regionen an, was den Leuten gefällt — und sie kommen wieder. Das ist es, was uns antreibt. Wenn ich danach durch das Dorf gehe und man mich fragt, wann das Festival wieder stattfindet, sage ich mir, dass es unheimlich viel Arbeit ist und wir erschöpft sind, aber das gibt uns wieder Kraft.

Den Bewohnern des tschechischen Grenzgebiets wird nachgesagt, dass ihnen eine positive Verbindung fehlt zu dem Ort, an dem sie leben. Was kann Ihrer Meinung nach junge Menschen davon überzeugen, nicht woanders hinzugehen?

Es hängt sehr davon ab, welchen Beruf Sie ausüben und was Sie tun können. Auch die Gehaltsunterschiede zwischen den Regionen sind immer noch recht groß. Es ist nicht leicht, zu überleben und von dem zu leben, was es hier gibt. Ich verstehe also, warum Menschen hier weggehen oder warum sie in Deutschland Arbeit suchen. Andererseits verstehe ich auch diejenigen, die aus Prag oder anderswo herkommen, die hier erst ein Ferienhäuschen haben und dann beschließen, hier zu leben. Ich verstehe beide Standpunkte. In dieser Hinsicht hoffen wir, das Hauptgebäude bald bauen zu können und mehr Menschen vor Ort in irgendeiner Form zu beschäftigen. Wir haben noch nicht die Mittel für Personal, aber wir hoffen, dass sich das in Zukunft ändern wird. Das wäre auch eine Chance für die Einheimischen. Auf diese Weise könnten wir dazu beitragen, dass die Situation hier zumindest für einige etwas besser und einfacher wird.

Sie entschieden sich, den Menschen asiatische Kulturen nahezubringen.

Mussten Sie bei der Einrichtung Ihres Gebiets zum Kennenlernen der asiatischen Regionen, irgendwelche Schwierigkeiten überwinden?

Als ich in Prag arbeitete, war es nicht einfach zu entscheiden, ob ich hierbleiben oder dorthin ziehen sollte. Die Vollzeitbeschäftigung an beiden Orten ist körperlich und geistig ziemlich anstrengend. Das ist ein bisschen mühsam. Außerdem ist es schwierig, den Bauprozess zu bewältigen, aber das ist nicht nur in Schluckenau ein Problem. Es gibt auch eine große Gruppe von konservativen Menschen. Als wir versuchten, unser Projekt bei der Stadtverwaltung vorzustellen und eine Genehmigung für unseren Plan zu erhalten, stießen wir zunächst auf eine ablehnende Haltung. Denn wenn man die Worte „asiatisches Zentrum“ und auch noch „Entspannung“ sagt, denken die meisten Leute an Prostitution oder bestenfalls an einen vietnamesischen Markt. So wurden wir anfangs mehrmals abgewiesen... Wir hatten auch Schwierigkeiten mit der Tatsache, dass wir uns an der Grenze eines Katasters (zwischen drei Gemeinden) befinden, und in jeder dieser Gemeinden gibt es eine andere Herangehensweise der Beamten. Einige Gemeinden versuchen, alle Aktivitäten zu fördern, die das lokale Leben bereichern und einen Teil der Bevölkerung zurückbringen oder zumindest Touristen anziehen. Andernorts hingegen ist man sehr vorsichtig. Wir haben ständig damit zu kämpfen und müssen uns da durcharbeiten.

Wie hat sich Ihre Beziehung zu dem Ort entwickelt, an den Sie umgezogen sind?

Ursprünglich waren wir eigentlich nur auf der Suche nach einem größeren Raum, weil mein damaliger Partner Strauße halten wollte. Und dann tauchte bei unserer Internetsuche eine Wiese auf. Wir kauften sie recht schnell und fanden erst später heraus, dass zum Grundstück auch ein Stück auf der anderen Seite des Waldes gehört. Es ist ein Ort, der von Wald (nach dem letzten Winter und der Borkenkäferjagd ist es nur noch eine Lichtung) und einer Eisenbahnschlucht umgeben ist. Es gibt dort zwei Häuser, und eines davon ist unseres. Ursprünglich kannten wir diesen Ort nicht, aber wir haben beschlossen, hierher zu ziehen. Es ist schon seltsam, dass ein Zug in der Nähe vorbeifährt, denn die Bahnstrecke verläuft in einer Art Felsspalte. Im Laufe der Zeit ist es uns gelungen, eine Fußgängerbrücke darüber zu errichten, eine Art Brücke, die es früher einmal gab. Wir würden gerne Informationen darüber finden, wie es früher aussah, vielleicht ein paar alte Fotos, aber bis jetzt hatten wir in den Archiven nicht viel Erfolg. Dank der Leser dieses Buches werden
wir hoffentlich in der Lage sein, dies zu tun. Die Leute benutzen die Brücke und sind froh, dass sie nicht irgendwo gefährlich über die Gleise klettern müssen. Sie hat uns auch mit den umliegenden Gemeinden verbunden. Das ist uns gelungen.
Ansonsten habe ich in der Zeit, in der es uns gibt, eine große Veränderung zum Besseren hin festgestellt. Die Natur hier ist magisch, aber sozial und wirtschaftlich gibt es noch viele Defizite. Es gibt Ruinen von riesigen Fabriken und Privathäusern... Viele von ihnen blieben unbewohnt, die Menschen verließen sie, als sie anderswo arbeiten gingen, weil es nichts zu tun gab. Es gibt eine Menge solcher verfallener Orte. Aber in den zehn Jahren, die wir hier leben, hat es eine große Veränderung gegeben. Es hat diese geschichtliche Atmosphäre — vom Aufschwung zum Niedergang. Das hat einen gewissen Charme.

The Rebel Riot Band kam aus Burma.

Mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung erlitt die tschechische Grenzregion einen großen Verlust der traditionellen Lebensweise, die die Menschen hier seit Jahrhunderten geführt hatten. Inwieweit hat sich die Region Ihrer Meinung nach mit ihrer deutsch-tschechischen Vergangenheit auseinandergesetzt? Ist das Thema hier noch aktuell oder ist man hier eher zukunftsorientiert?

Ich bin noch nicht so weit mit der lokalen Gemeinschaft in Kontakt, ich habe da keinen richtigen Einblick. Das ist ein sehr interessantes Thema, über das ich gerne mehr erfahren würde, aber ich denke, es braucht noch Zeit und mehr Vertrauen von der lokalen Bevölkerung. Nach Angaben des Bürgermeisters von Nixdorf leben in mehreren Häusern immer noch deutsche Familien, die nicht gerne Tschechisch sprechen. Die deutsche Kultur ist hier jedoch immer noch spürbar. Wenn man genau hinsieht, kann man an den Kirchen deutsche Inschriften erkennen, einige der Kriegerdenkmäler sind deutsch, und die Namen an den Häusern sind zwar abgenutzt, aber noch lesbar. Die deutsche oder deutsch-tschechische Präsenz ist also noch vorhanden. Ich hatte eher die — vielleicht naive — Vorstellung, dass die Menschen hier im Grenzland viel besser Deutsch können sollten! Und ich war überrascht, dass viele Menschen hier kein Deutsch sprechen. Ich hatte erwartet, dass die Menschen auf beiden Seiten der Grenze mehr oder weniger zweisprachig sind, aber das ist nicht der Fall. Ich stelle aber fest, dass sie versuchen, zu diesem Punkt zurückzukehren.

Wie sollte Schluckenau Ihrer Meinung nach in fünfzig Jahren aussehen? Und wünschen Sie sich persönlich etwas in dieser Richtung?

Ich bin immer noch in der Phase, in der ich entdecke, wo wir sind und wie alles hier funktioniert. Ich hoffe, dass wir nicht nur zur Sensibilisierung für Asien, sondern auch für die Region Schluckenau beitragen können. Bei unserem Festival versuchen wir, das Programm asiatisch zu gestalten, und wenn es nicht Asien ist, dann soll es Schluckenau sein — damit es nicht wahllos ist... Wir freuen uns, dass wir dazu beitragen können, dass wieder Touristen hierherkommen. Und dank unserer Aktivitäten können sie sogar zwei Dinge auf einmal entdecken.

Meine letzte Frage bezieht sich auf die Menschen, egal ob es sich um Alteingesessene oder um Ihre Besucher handelt... Gibt es eine Geschichte, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist und die sie mitgebracht haben?

Als wir einmal eine Vorführung hatten, kamen einige Omas und sagten: „Wenn es nicht der tibetische Film ist, gehen wir nach Hause — Afghanistan interessiert uns nicht.“ Sie blieben dann doch und man konnte sehen, dass sie interessiert zuhörten — irgendwie hat es sie berührt und ihnen etwas gegeben. Es sind so kleine Geschichten. Oder eine Punkband aus Burma namens The Rebel Riot Band kam zu unserem Festival. Sie sind auch in der Heimerziehung und Sozialarbeit tätig und beteiligen sich am Projekt „Books not Bombs“. Dann kam diese Gruppe junger Männer mit rosa Haartönung und mit verschiedenen PunkTags, Tattoos und zerrissenen Hosen. Eine Art „klassische Punkband“, könnte man sagen. Für sie war es eine große Sache, ihr Land zu verlassen und hierher zu kommen. Sie konnten ins Ausland gehen und etwas erleben... Wir sind normalerweise nicht in der Lage, unseren Gästen ein großes Honorar zu zahlen, aber wir wollen ihnen ein schönes Erlebnis bieten. Wir wollen, dass unser Festival ein Treffpunkt ist — nicht nur für tschechische, sondern auch für ausländische Besucher. Und dann höre ich eine Dame mittleren Alters im Rathaus sagen: „Ich freue mich so darauf, diese burmesischen Punks zu sehen!“ Die Menschen sind an mehr Dingen interessiert, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Oder wenn Einheimische fragen: „Wann ist das Festival wieder?“ Es sind die kleinen, süßen Geschichten wie diese, die mich am glücklichsten machen.

Jarmila Ptáčková

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Quelle: Mitten am Rande, Antikomplex, Prag, 2022, ISBN 978-80-906198-5-2