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Derweil in Tschechien... 21/25

Justizminister tritt wegen Bitcoin-Affäre zurück – Datenbank für tschechische NS-Opfer der Hinrichtungsstätte in Dresden – Tschechien unterzeichnet Vertrag zum Ausbau des AKW Dukovany – Staatsorden für deutsch-tschechische Verdienste – Tyrš-Brücke auch wieder für PKW geöffnet

06.06.2025

Justizminister tritt wegen Bitcoin-Affäre zurück

Eine Affäre um Bitcoins im Wert von rund 1 Milliarde Kronen (40 Millionen Euro) erschüttert derzeit Tschechien. Wenige Tage nach ihrem Bekanntwerden zog Justizminister Pavel Blažek (ODS) am 30. Mai die Konsequenzen und reichte seinen Rücktritt ein.

Es geht um Bitcoins, welche der verurteilte Drogenhändler Tomáš Jiřikovský dem Justizministerium überlassen hatte. Sie stammten aus einem beschlagnahmten Depot, das die Polizei dem Straftäter nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis 2021 zurückgegeben hatte. 30 Prozent der Bitcoins schenkte Jiřikovský dem Justizministerium, welches sie später für rund 1 Milliarde Kronen verkaufte.

Minister Blažek hatte seinen Rücktritt damit begründet, Schaden von der Regierung abzuwenden. Nichts deute darauf hin, dass die geschenkten Bitcoins aus illegaler Tätigkeit stammen.

Gerade darin sind sich Experten, Medien und nicht zuletzt die Opposition deutlich weniger sicher als der zurückgetretene Minister. Die Opposition sieht sogar die ganze Regierung in der Verantwortung. Auch Finanzminister Zbyněk Stanjura und Premierminister Petr Fiala (beide ebenfalls ODS) müssen von dem Bitcoin-Geschenk gewusst haben. Das räumte Stanjura auch ein. Er habe Blažek sogar gewarnt, dass die Annahme des Geschenks keine gute Idee gewesen sei. Allerdings sei er weder in die Annahme der Bitcoins noch in ihren Verkauf eingeweiht gewesen.

In der Sache ermittelt auch die Polizei unter anderem wegen Beihilfe zur Geldwäsche.

Premier Fiala hat inzwischen mit Eva Decroix (ODS) eine Nachfolgerin für das Amt der Justizministerin bestellt, die nächste Woche von Staatspräsident Petr Pavel ins Amt eingeführt werden soll. Decroix will eine externe Untersuchung der Ereignisse um das Bitcoin-Geschenk in Auftrag geben und der Regierung zeitnah eine genaue Zeitschiene der Ereignisse vorlegen.

Für die Regierung kommen die geschenkten Bitcoins zur Unzeit, denn im Herbst wird ein neues Parlament gewählt. In Umfragen lagen die jetzigen Regierungsparteien schon vor der Affäre rund 10 Prozentpunkte hinter der Opposition. Jetzt dürfte es noch schwerer werden, die Parlamentsmehrheit zu verteidigen.

Paradoxerweise geht mit Pavel Blažek einer der erfolgreichsten Minister der Regierung, der auch schon lang geplante Reformvorhaben umsetzte, für die er sogar aus Teilen der Opposition gelobt wurde. Am Tag, als er seinen Rücktritt erklärte, stimmte das Parlament für die Novelle des Strafgesetzbuches, das letzte große Reformvorhaben Blažeks. Die Chefredateurin der Fachzeitschrift "Česká justice" bescheinigte Blažek, im Prinzip alle Vorhaben umgesetzt zu haben, die dieser sich für seine Regierungszeit vorgenommen hatte.

Datenbank für tschechische NS-Opfer der Hinrichtungsstätte in Dresden

Die neue Webseite erzählt die Geschichten der Hingerichteten, bis Ende des Jahres auch auf Deutsch.©Screenshot ÚSTR

Wer waren die Menschen, die während der nationalsozialistischen Diktatur in der Dresdner Hinrichtungsstätte am heutigen Münchner Platz umgebracht wurden? Diese Frage beantwortet zumindest für die tschechoslowakischen Opfer eine neue Datenbank des Instituts zur Erforschung totalitärer Regime (ÚSTR) in Prag. In den Jahren 1939 bis 1945 wurden auf dem Gebiet des Deutschen Reichs Tausende Menschen mit tschechoslowakischer Staatsbürgerschaft hingerichtet. Allein in Dresden waren es 889. Aus keinem anderen Land außer Deutschland wurden in Dresden mehr Menschen hingerichtet.

Das Schicksal von rund 300 von ihnen kann jetzt auf der neuen Webseite popravenizavalky.cz nachgelesen werden. Momentan liegt die Webseite auf Tschechisch vor, bis Ende des Jahres soll es aber auch eine deutsche Version geben. Gleichzeitig werden die Recherchen fortgesetzt und auf weitere Hinrichtungsstätten ausgeweitet. Das Prager Institut arbeitet schon länger eng mit der heutigen Gedenkstätte Münchner Platz in Dresden zusammen.

Tschechien unterzeichnet Vertrag zum Ausbau des AKW Dukovany

Die tschechische Regierung hat am Mittwoch den Vertrag zum Bau von zwei Kernkraftblöcken in Dukovany durch die koreanische Firma KHNP unterzeichnet. Zur Unterzeichnung kam es nur kurz nach der Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts, das vorläufige Verbot der Unterzeichnung auszusetzen. Die Regierung nutzte damit eigenen Angaben das Zeitfenster, um den Vertrag unter Dach und Fach zu bringen. Mit KHNP habe nicht nur das beste Angebot gewonnen, sondern auch das mit den besten Garantien, sagte Industrieminister Lukáš Vlček. KHNP habe sich verpflichtet, dass 30 Prozent der Lieferleistungen zum Bau der Blöcke von tschechischen Firmen ausgeführt werden. Später soll der Anteil auf 60 Prozent steigen.

Die Europäische Kommission ihrerseits bestätigte, die Auftragsvergabe weiter zu untersuchen. Ein Schreiben des EU-Kommissars für Wohlstand und Industriestrategie, Stéphane Séjourné, mit dem Ziel, das Vergabeverfahren auszusetzen, hatte zuvor zu einer leichten Verstimmung in den tschechisch-französischen Beziehungen geführt. Tschechiens Regierung warf dem Kommissar vor, mehr für den französischen Energiekonzern EDF zu sprechen, als für die EU-Kommission. EDF hatte sich auch um den Großauftrag beworben, war aber erfolglos geblieben. EDF warf danach Tschechien vor, dass KHNP sein gutes Angebot nur mit Unterstützung der südkoreanischen Regierung abgeben konnte, und wandte sich deshalb nicht nur an das Bezirksgericht in Brno, sondern auch an die EU-Kommission.

Im südmährischen Dukovany steht bereits ein Atomkraftwerk mit vier Blöcken. Nach der Fertigstellung sollen zwei weitere Blöcke Energie liefern.

Staatsorden für deutsch-tschechische Verdienste

Außenminister Lipavský und Jaroslav Rudiš
Außenminister Lipavský und Jaroslav Rudiš (© Jaroslav Rudiš via Facebook)

Eine Vielzahl von Persönlichkeiten aus dem Bereich der deutsch-tschechischen Beziehungen wurde vom tschechischen Außenminister Jan Lipavský mit der Medaille "Für Verdienste für die Diplomatie" ausgezeichnet. Darunter sind mit dem Leiter des Prager Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung Tomislav Delinić und dem langjährigen Leiter des sächsischen Verbindungsbüros in Prag und heutigen Referatsleiter für "Internationale Beziehungen" in der sächsischen Staatskanzlei, David Michel, auch zwei deutsche Staatsbürger. Außerdem wurde der in Berlin lebende Schriftsteller Jaroslav Rudiš ausgezeichnet. Weitere Preisträger sind der Publizist Petr Brod und die Journalistin Ludmila Rakušanová zwei Persönlichkeiten, die bis 1989 lange im Exil in Deutschland lebten. Geehrt wurde außerdem der Verein Post Bellum und sein Projekt Paměť národa (Gedächtnis der Nation), der Tonaufnahmen von Menschen und ihren Lebensläufen sammelt, oder die Bernardo-Bolzano-Gesellschaft für ihr jährliches Symposium "Dialog uprostřed Evropy" (Dialog in der Mitte Europas) und ihren Beitrag zur Vertiefung des Friedensdialogs in Europa und in der Welt.

Tyrš-Brücke auch wieder für PKW geöffnet

Nach mehreren Wochen wurde in Děčín die Tyrš-Brücke auch wieder für den PKW-Verkehr geöffnet. Zuvor konnte die Innenstadtbrücke nur mit dem Rad und durch Fußgänger passiert werden. Risse im Stahl an einem Brückenkopf hatten Ende April zur kompletten Sperrung der Brücke geführt. Danach hatte eine Firma den betroffenen Brückenteil abgestützt. Weitere Untersuchungen verliefen positiv, so dass nun auch eine Öffnung für PKW möglich wurde. Für LKW und Busse bleibt die Brücke weiter gesperrt.

 


 

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