Derweil in Tschechien... 40/25
17.10.2025
Regierungsbildung verzögert sich
Die Bildung einer neuen Regierung nach den Parlamentswahlen in Tschechien verzögert sich. Nachdem sich Wahlsieger ANO mit den beiden kleineren Parteien Motoristé (Autofahrerpartei) und der rechtspopulistischen SPD schon vor einer Woche auf die Verteilung der Ministerien geeinigt hatten, wurde der Prozess Anfang dieser Woche ausgebremst. Schuld waren die Personalvorschläge vor allem der Autofahrerpartei, die in der Öffentlichkeit auf starke Ablehnung stießen. So hatten die Autofahrer für das Außenministerium ihren Ehrenvorsitzenden Filip Turek vorgeschlagen. Doch dann veröffentlichte die Tageszeitung Deník N frühere Posts von Turek in sozialen Medien, in denen er sich homophob, xenophob und offen rassistisch äußerte. Einige Posts verherrlichten auch die Nationalsozialisten.
Zwar versuchten Turek und sein Parteichef Petr Macinka den Eindruck zu vermitteln, dass die Zitate nicht echt seien. Dabei geht es auch um Macinka selbst, der Umweltminister werden soll. Dagegen protestierten bereits Wissenschaftler und Umweltorganisationen. Macinka gilt als enger Vertrauter des früheren Präsidenten Václav Klaus, der den Klimawandel leugnet. Macinka hatte bereits angekündigt, das Ministerium von den "Grünen" befreien zu wollen. Doch der voraussichtlich nächste Regierungschef Andrej Babiš hatte die Autofahrerpartei daraufhin gebeten, parteilose Fachleute als Minister zu nominieren. Ähnlich hatte das bereits der dritte Partner SPD angekündigt. Doch die Autofahrerpartei besteht auf der Besetzung durch eigene Leute.
Babiš zog nun die Konsequenz und vertagte die Ressortbesetzung. Nun arbeite die künftige Regierung zunächst am Programm, kündigte er an. Das solle bis Anfang November fertig sein. Am 3. November findet die konstituierende Sitzung des neuen Parlaments statt. Andrej Babiš räumte inzwischen ein, dass die neue Regierung wohl erst im Dezember vereidigt werde.
Indes muss Babiš auch auf anderen Ebenen beruhigen. Ein Austritt aus NATO oder EU, wie von der SPD im Wahlprogramm gefordert, käme nicht in Frage. Am Freitag fügte er hinzu, auch das für 2026 geplante Haushaltsdefizit nicht erhöhen zu wollen. Hintergrund ist die Entscheidung der abgewählten Regierung, den Entwurf für 2026 nicht noch einmal in das neue Parlament einbringen zu wollen. Der Entwurf war bereits von der Regierung verabschiedet und vor den Wahlen ins Parlament eingebracht worden. Die Sendung des Entwurfs ein zweites Mal in das neue Parlament gilt eigentlich als Formalie. Die noch amtierende Regierung hatte dies mit der Begründung abgelehnt, nicht für die von ANO und SPD angekündigten Ausgabenerhöhungen verantwortlich sein zu wollen. Dieser Schritt würde aber den Prozess der Haushaltsbildung signifikant verzögern und Tschechien das neue Jahr ziemlich sicher mit einem Haushaltsprovisorium beginnen. Inzwischen hat sich aber auch Präsident Petr Pavel dafür ausgesprochen, dass der vorbereitete Entwurf noch einmal ins Parlament eingebracht werden soll.
Zum Tod von Ivan Klíma und Dana Drábová

Tschechien betrauert den Tod zweier großer Persönlichkeiten. Am 4. Oktober starb der Schriftsteller und Dramatiker Ivan Klíma im Alter von 94 Jahren. Er gehört zu den erfolgreichsten tschechischen Autoren, dessen Werke in über 30 Sprachen übersetzt wurden. Klíma verbrachte als Kind 3,5 Jahre im Ghetto Theresienstadt. Die Nationalsozialisten hatten die frühere Garnisonsstadt zum Durchgangslager gemacht, von wo Juden in die Vernichtungslager im eroberten Polen deportiert wurden. Klíma überlebte das Ghetto und trat später in die Kommunistische Partei ein, aus der er aber 1967 wegen seiner kritischen Haltung ausgeschlossen wurde. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings bekam er Publikationsverbot. Seine Werke konnten in der Heimat nur im Samizdat (Selbstverlag) erscheinen, wurden aber im Ausland übersetzt und verlegt. Auf Deutsch erschienen unter anderem die Romane "Der Gnadenrichter", "Meine ersten Lieben" und "Meine fröhlichen Morgen". Klíma war Unterzeichner der Charta 77. Nach 1989 wurde er vielfach ausgezeichnet. Von den berühmten drei "K" des Prager Frühlings (Milan Kundera, Ivan Klíma, Pavel Kohout) lebe nun nur noch der 97-jährige Kohout, hieß es in einem Nachruf.

30 Jahre jünger als Klíma war die Atomphysikerin Dana Drábová, die am 6. Oktober nach langer Krankheit starb. Bis zum Schluss meldete sie auf ihrem X-Konto die aktuelle radiologische Strahlensituation in der Ukraine, wo eines der größten Atomkraftwerke von russischen Truppen besetzt ist. Drábová war seit 1999 Direktorin der tschechischen Atomaufsichtsbehörde und galt auch im Ausland als erudierte Atomexpertin. Sie diente zweimal als Mitglied im Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Sie war auch Vorsitzende des Verbands der westeuropäischen Atomaufsichtsbehörden (WENRA). Zudem beriet sie seit 2018 die japanische Regierung. Drábová hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die aufgeheizte Stimmung vor allem zwischen Österreich und Tschechien wegen des Anfang der 2000er Jahre eingeweihten Atomkraftwerks Temelín entschärft wurde. Sie setzte dabei neben ihrer unbestrittenen Autorität auf maximale Transparenz und galt aber auch abseits der Energiewirtschaft in Tschechien als respektierte Autorität. Sie war kommunalpolitisch aktiv und äußerte sich wiederholt auch politisch. So unterstützte sie Anfang 2023 offen den jetzigen Präsidenten Petr Pavel im Wahlkampf gegen seinen Konkurrenten Andrej Babiš.
Waldbrandprozess geht weiter
Das Bezirksgericht in Ústí nad Labem (Aussig) muss sich erneut mit dem Prozess wegen Brandstiftung gegen den früheren freiwilligen Nationalparkranger Jiří L. befassen. Das Berufungsgericht in Prag hob den Freispruch auf und ordnete eine Fortsetzung des Prozesses an. Es seien nicht alle Beweismittel ausgeschöpft worden. Gleichzeitig sei auch nicht auszuschließen, dass der Brandstifter des großen Waldbrands im Sommer 2022 nicht jemand anders gewesen sei. Das Bezirksgericht hatte Jiří L. aus Mangels an Beweisen frei gesprochen. Jiří L. hatte zunächst die Brandstiftung zugegeben, dann seine Aussage aber widerrufen. In einem anderen Prozess war L. wegen Brandstiftung an kleineren Objekten in der Böhmischen Schweiz wie einem Hochsitz, einer Scheune und einer Baude freigesprochen worden.
Der verheerende Waldbrand war Ende Juli 2022 im Malinový důl in der Böhmischen Schweiz nahe Hřensko ausgebrochen. Durch große Trockenheit und Auffrischen des Windes breitete sich der Brand extrem schnell aus und griff sogar auf die Sächsische Schweiz über. Der Brand konnte erst Wochen später endgültig gelöscht werden.
Preis für tschechischen Expo-Pavillon

Der tschechische Pavillon für die Weltausstellung Expo in Osaka hat die Silbermedaille in der Kategorie für kleinere Pavillons mit einer Ausstellungsfläche bis zu 1.500 Quadratmeter erhalten. Das Internationale Büro für Ausstellungen (BIE), das die Preise verleiht, würdigte das Bauwerk für seine originelle Architektur, die Tradition, Innovation und Nachhaltigkeit miteinander vereint. Die Expo war am Dienstag im japanischen Osaka zu Ende gegangen.
Für Tschechien ist es der größte Erfolg seit der Weltausstellung 1970 in Brüssel, bei der das Land damals noch als Tschechoslowakei in mehreren Kategorien wie auch dem Design punkten konnte. Diesmal machte der Pavillon durch seine gewagte Bauweise auf sich aufmerksam. Die Fassade des sich nach oben verbreiternden Gebäudes besteht aus Glas. Der Kern wurde aus Holz gebaut.
Schäferwand hat wieder ein Restaurant

Auf der Schäferwand (Pastýřská stěna) in Děčín (Tetschen) gibt es wieder ein Restaurant. Es eröffnete in dem dem kleinen Schlösschen, das mit seiner weißen Fassade über Děčín thront. Im Volksmund Nebíčko (Himmelchen) genannt, zählt es zu den beliebtesten Aussichten der Stadt. Die Schäferwand ist ein markanter Felsen mitten in der Stadt, der gegenüber dem Schloss liegend steil zum linken Elbufer abfällt. Die Wand kann sogar über Klettersteige erobert werden. In dem Schlösschen hatte es in der Vergangenheit bereits mehrfach ein Restaurant gegeben. Die Betreiber waren aber immer wieder gescheitert. Zuletzt hatte es einen Imbissbetrieb gegeben, der aber nicht ganzjährig geöffnet war. Das Gebäude gehört der Stadt, die es an die Betreiberfirma Mountain development vermietet.
Das Gebäude war in den letzten Jahren saniert worden. Das neue Restaurant wird offiziell am Samstag eröffnet. Es wird zunächst immer von Donnerstag bis Sonntag von 11 bis 23 öffnen, das zugehörige Bistro nur an Wochenenden. In der Sommersaison rechnen die Betreiber mit einer täglichen Öffnungszeit. Über dem Restaurant befindet sich außerdem eine Ferienwohnung.
Der wichtigste Weihnachtsbaum Tschechiens

Jedes Jahr wird mit Spannung verfolgt, was für ein Weihnachtsbaum auf dem Altstädter Ring (Staroměstské náměstí) im Zentrum von Prag aufgestellt wird. Für dieses Jahr kommt die Gemeine Fichte aus dem Grenzgebiet zu Sachsen, genauer aus der Gemeinde Jiřetín pod Jedlovou. Die Fichte steht auf einem privaten Grundstück. Eine Fällung wäre ohnehin nötig gewesen, weil der 26 Meter große Baum in absehbarer Zeit dem nahen Blockhaus gefährlich werden könnte. Der Baum ist bereits 85 Jahre alt und seine Stabilität sei aufgrund des oft feuchten Untergrunds nicht mehr gewährleistet. Auch das Wurzelsystem hat sich schon weit in die Umgebung ausgebreitet, so der Eigentümer Rudolf Storczer gegenüber der Tageszeitung Děčínský deník. Der Baum war von seinem Vater gepflanzt worden.
Die Freude, dass ausgerechnet sein Baum ausgewählt wurde, auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Altstädter Ring zu stehen, war bei dem Eigentümer groß. Die Auswahl hat auch den Vorteil, dass sich um Fällung und Abtransport nun die städtische Firma Technologie hlavního města Prahy (THMP) kümmert. Sie wird den Baum um drei Meter kürzen müssen und am 22. November in den Nachtstunden nach Prag transportieren und am Zielort aufstellen.
Prag suchte bereits zum 15. Mal in einem öffentlichen Wettbewerb nach dem Weihnachtsbaum für den wichtigsten Weihnachtsmarkt. Auf die Ausschreibung kann sich landesweit beworben werden. Die besten Chancen haben Gemeine Fichten mit 23 bis 25 Meter Höhe, wohl proportioniert gewachsen, die idealerweise nahe einer Straße stehen.
Feierlich erleuchtet wird der Weihnachtsbaum am 29. November, dem Samstag vor dem 1. Advent, wenn auch der Weihnachtsmarkt auf dem Altstädter Ring eröffnet.
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