Euroregion Elbe/Labe

Derweil in Tschechien... 45/25

Schluckenauer Zipfel vor monatelanger Straßensperrung – Gemeinden bekommen Grundstücke am Tagebausee Milada – Nordböhmens Wärmewirtschaft plant Kohleausstieg bis 2030 – Tschechien verabschiedet sich von Kardinal Duka – Sudetendeutscher Tag 2026 erstmals in Tschechien – Premiere für Dampferfahrten im Advent

21.11.2025

Schluckenauer Zipfel vor monatelanger Straßensperrung

Die Menschen im Schluckenauer Zipfel müssen sich im kommenden Jahr auf Einschränkungen auf der wichtigsten Straßenverbindung nach Süden einstellen. Die Staatsstraße I/9 wird nach Planungen der staatlichen Straßen- und Autobahndirektion ŘSD ab 1. März 2026 bis 31. Oktober zwischen Nová huť und Svor vollständig gesperrt. Grund ist der Neubau einer Umgehung um den Ort Svor, um den Verkehr aus dem Ort abzuleiten. Bislang verläuft die I/9 mitten hindurch. In Svor trifft die I/9 auf die Staatsstraße I/13, die dort in den letzten Jahren vierspurig ausgebaut wurde.

Das Vorhaben, eine Umgehung um Svor zu bauen, ist schon länger geplant. Dass der Schluckenauer Zipfel damit für acht Monate um seine einzige Staatsstraße Richtung Landesinneres gebracht wird, wurde allerdings erst jetzt bekannt. Die Umleitung ist beginnend in Jiřetín pod Jedlovou großräumig über Chříbská und Česká Kamenice geplant. Dagegen laufen aber die Bürgermeister der Gemeinden im Schluckenauer Zipfel Sturm. Vor allem in den Städten Varnsdorf, Krásná Lípa und Rumburk zeigt man Unverständnis. Auf der I/9 fahren nicht nur Tausende Menschen täglich zur Arbeit und zur Ausbildung, die Strecke wird auch von Rettungsdiensten für Fahrten ins Krankenhaus von Česká Lípa genutzt. Außerdem verkehren hier regelmäßige Autobusse nach Prag. Die Umleitungsstrecke wiederum ist bereits gut ausgelastet.

Die Bürgermeister fordern eine andere technische Lösung, um den Verkehr über die I/9 wenigstens im Wechsel einspurig oder durch eine provisorische Brücke zweispurig weiterzuführen. Mindestens sollte die Zeit der Sperrung deutlich verkürzt werden. Den Forderungen hat sich auch der Bezirk Ústí angeschlossen. Die Baumaßnahme selbst befindet sich im Bezirk Liberec. Der Investor, die staatliche Straßen- und Autobahndirektion ŘSD, hat auf das schwierige Profil in der Umgebung der Straßenbaustelle verwiesen. Eine Vollsperrung sei unumgänglich.

Gemeinden bekommen Grundstücke am Tagebausee Milada

See Milada bei Ústí nad Labem
Milada-See bei Ústí nad Labem ©Steffen Neumann

Die amtierende tschechische Regierung hat auf einer ihrer letzten Sitzungen die kostenlose Übertragung von Grundstücken am Tagebausee Milada bei Ústí nad Labem (Aussig) beschlossen. Die Entscheidung gilt als erster und wichtigster Schritt für die weitere touristische Entwicklung des schon jetzt beliebten Naherholungsgebiets. Bislang gehören die Grundstücke dem Staat und werden von der staatlichen Firma Diamo verwaltet, die sich um ehemalige Bergbaugebiete kümmert. Künftig gehen die Grundstücke an den Freiwilligen Gemeindeverband See Milada (Dobrovolný svazek obcí Jezero Milada). Darin sind neben Ústí die Gemeinden Chabařovice, Trmice und Řehlovice. Insgesamt geht es um 378 Grundstücke mit einer Fläche von 8,2 Millionen Quadratmeter.

Um die Planungen für ein Erholungsgebiet rund um den See Milada zu verwirklichen, fehlt nun nur noch ein Schritt: die Abschreibung der Braunkohlereserven unter dem Gelände rund um den See. Dabei handele es sich Schätzungen zufolge um 128 Millionen Tonnen Kohle. Obwohl der See bereits seit über zehn Jahren für die touristische Nutzung freigegeben ist, könnte der Staat theoretisch jederzeit noch auf die Braunkohlevorkommen zugreifen, was eine verlässliche Planung verhinderte. Die Abschreibung der Kohlevorkommen muss in Abstimmung mit dem Umweltministerium durch das Bergbauamt erfolgen. Es wird erwartet, dass dies im Laufe des Jahres 2026 erfolgt.

Schon jetzt befindet sich am Seeufer Infrastruktur für Freizeit und Erholung. Die Firma Diamo hatte zuletzt zehnjährige Pachtverträge an Betreiber von Boots- und SUP-Verleihen, Imbissbuden oder Bars vergeben. Die langfristigen Verträge behalten auch nach Übernahme der Grundstücke durch den Gemeindeverbund ihre Gültigkeit. Mit den neuen Eigentumsverhältnissen sind aber noch weitergehende Projekte möglich. Dazu gehört das Vorhaben „Wilde Milada“ (siehe "Derweil in Tschechien ... 20/25). Dabei planen der Zoo Ústí, die Stadt Ústí und der Bezirk Ústí im Gebiet des Milada-Sees ein 700 Hektar großes Reservat für wilde Tiere aus Asien, ein Vogelreservat sowie urzeitliche Tiere wie Wisente, Przewalski-Pferde und andere Nachzüchtungen.

Nordböhmens Wärmewirtschaft plant Kohleausstieg bis 2030

Tschechien macht Tempo beim Kohleausstieg. In Nordböhmen, dem Herz der bisherigen Braunkohleförderung, soll die Versorgung mit Fernwärme laut dem wichtigsten Wärmeversorger ČEZ bis 2030 nicht mehr auf der Basis von Braunkohle erfolgen. Kohle wird künftig durch Erdgas und Biomasse ersetzt. Langfristig setzt der mehrheitlich staatliche Energiekonzern ČEZ auch auf Wärmeversorgung aus kleinen modularen Kernreaktoren, Wasserstoff und der Müllverbrennung.

Erste Schritte sind bereits erfolgt. So ging im Juni in Prunéřov bei Chomutov ein neuer Gaskessel in Betrieb, der als alternative Wärmequelle zum bestehenden Kohlekraftwerk dient. Künftig soll er die nahe Stadt Kadaň mit Wärme versorgen, die ihre Fernwärme bisher aus dem Kohlekraftwerk Tušimice bezieht. Dafür baut ČEZ eine 5,7 Kilometer lange Wärmeleitung von Prunéřov nach Kadaň. In Prunéřov sollen außerdem ein Biomassekessel und weitere Gaskessel gebaut werden. Sie sollen ab der Heizsaison 2028/29 Wärme liefern.

In Prunéřov standen einmal die größten Kohlekraftwerke Tschechiens. Das Kraftwerk Prunéřov I galt als eine der größten Dreckschleudern Europas und wurde im Juni 2020 vom Netz genommen.
Außerdem hat ČEZ in Ústí nad Labem in Kooperation mit der Stadt fünf neue Gaskessel sowie einen Kilometer Wärmeleitung gebaut. Damit wurde die Fernwärme für 3.000 Haushalte abgesichert.

Zu den weiteren Planungen von ČEZ auf dem Weg zum Kohleausstieg gehören der Bau eines Blockheizkraftwerks in Prunéřov, eines kleinen modularen Reaktors in Tušimice sowie eines Gas-Dampf-Kombikraftwerks in Trmice bei Ústí. Bis 2030 hat ČEZ Investitionen in Höhe von über 4 Milliarden Euro in die Transformation der Energiewirtschaft allein im Bezirk Ústí angekündigt.

Tschechien verabschiedet sich von Kardinal Duka

Dominik Duka
Dominik Duka © Petr Šálek CC BY-SA 4.0  

Mit einer Messe im Prager Veitsdom auf dem Hradschin (Hradčany) hat sich Tschechien am vergangenen Wochenende von dem langjährigen Erzbischof von Prag und ´Kardinal Dominik Duka verabschiedet. Duka verstarb am 4. November im Alter von 82 Jahren. Er war bis 2022 mehr als 12 Jahre Erzbischof von Prag.

Das Gedenken erfolgte in Anwesenheit des jetzigen Staatspräsidenten Petr Pavel und seiner zwei Vorgänger Václav Klaus und Miloš Zeman. Dazu wurde das Requiem b-moll von Antonín Dvořák aufgeführt. Auch Würdenträger anderer Religionen und Glaubensgemeinschaften erwiesen dem langjährigen Erzbischof die letzte Ehre. Dukas Körper fand in der Gruft der Erzbischöfe im Veitsdom seine letzte Ruhe. Dort ruhen bereits die sterblichen Überreste seiner Vorgänger František Tomášek und Miloslav Vlk.

Duka wirkte als Priester vor 1989 in der Illegalität und musste dafür zwei Jahre ins Gefängnis. Seit 1986 führte er den Dominikanerorden in der Tschechoslowakei. 1998 wurde er zum Bischof von Hradec Králové (Königgrätz) ernannt, bis er im Jahr 2010 zum neuen Erzbischof von Prag berufen wurde. Sein Nachfolger wurde 2022 der damalige Bischof von Olomouc (Olmütz) Jan Graubner.

Nach dem Ableben seines Vorgängers Miloslav Vlk ruhten auf Duka die Hoffnungen, den Kurs der Öffnung von Vlk fortzusetzen. Diese wurden allerdings ein ums andere Mal enttäuscht. Duka wirkte als konservativer Bewahrer katholischer Tradition. Einer der Höhepunkte seiner Amtszeit war die Wiedererrichtung und Weihe der Mariensäule auf dem Altstädter Ring.

Sudetendeutscher Tag 2026 erstmals in Tschechien

Sudetendeutscher Tag - Einzug der Trachtengruppen
Sudetendeutscher Tag - Einzug der Trachtengruppen © Steffen Neumann

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft wird ihren Sudetendeutschen Tag im kommenden Jahr erstmals in der alten Heimat Tschechien ausrichten. Er findet traditionell zu Pfingsten, nächstes Jahr also vom 22. bis 25. Mai statt, diesmal in der mährischen Metropole Brno (Brünn). Dass die Wahl auf Brno fiel, ist kein Zufall. Die zweitgrößte Stadt Tschechiens hatte vor Jahren als erste offiziell der Opfer der Vertreibung der deutschen Bevölkerung gedacht. Wichtigstes Zeichen ist seit zehn Jahren der Marsch der Versöhnung, der immer im Juni in umgekehrter Richtung und in Gedenken des Todesmarsches von 1945 von der österreichischen Grenze nach Brno führt.

Die Entscheidung für Brno folgt auf eine Einladung des Vereins "Meeting Brno", der den Versöhnungsmarsch organisiert, welche auf dem letzten Sudetendeutschen Tag in Regensburg in diesem Jahr ausgesprochen wurde.

Premiere für Dampferfahrten im Advent

Schaufelraddampfer Labe (Elbe) auf der Elbe bei Ústí nad Labem
Dampfer Labe (Elbe) auf der Elbe © Steffen Neumann

Erstmals gibt es in diesem Jahr auf der Elbe zwischen Bad Schandau und Roudnice nad Labem (Raudnitz) adventliche Dampferfahrten. Im Auftrag des Bezirks Ústí (Aussig) bricht die Reederei Labská plavební společnost ab 27. November mit ihrem historischen Schaufelraddampfer "Labe" (Elbe) zu regelmäßigen Flussfahrten auf. Die Dampferfahrten finden immer donnerstags bis sonntags statt. Die letzte Fahrt gibt es am 21. Dezember.

Da die Fahrten vom Bezirk Ústí bestellt werden, gilt auf allen Routen ein vergünstigtes Ticket der Verkehrsgesellschaft des Bezirks Doprava Ústeckého kraje, das über die auch auf Deutsch vorhandene App "DÚKapka" erworben werden kann. Laut Plan verkehrt der Dampfer donnerstags und freitags zwischen Ústí nad Labem und Litoměřice (Leitmeritz), samstags geht es von Ústí nach Bad Schandau und zurück sowie sonntags von Ústí nad Roudnice nad Labem.

Der Bezirk Ústí bietet Altersheimen und Schulklassen bevorzugt die Anmietung von Salons an. Gleichzeitig möchte der Bezirk mit diesem erstmaligen Angebot auch für die vielen Tage entschädigen, an denen in diesem Jahr wegen Niedrigwasser keine Dampferfahrten möglich waren, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Kosten für die Dampferfahrten beziffert der Bezirk mit 1,8 Millionen Kronen (75.000 Euro).

 


 

Wenn Sie unseren Wochenrückblick regelmäßig in Ihr Email-Postfach bekommen möchten, melden Sie sich für unseren Newsletter an.

Zur Newsletter-Anmeldung

ProCache: v401 Render date: 2025-11-25 23:08:02 Page render time: 1.8700s Total w/ProCache: 1.8946s