Euroregion Elbe/Labe

Derweil in Tschechien... 49/25

In 2,5 Stunden von Děčín nach Berlin – Neue Regierung mit vielen Bekannten – Tschechische Laientheater sind UNESCO-Weltkulturerbe – Weiter Unklarheit um Lithium-Förderung – Geld für Erhalt von Kirchen, Synagogen und Friedhöfen – Der schönste Weihnachtsbaum von Nordböhmen

19.12.2025

In 2,5 Stunden von Děčín nach Berlin

ComfortJet-Zug der Tschechischen Bahnen
ComfortJet-Zug der Tschechischen Bahnen (© České dráhy)

Die Fahrtzeit aus Nordböhmen nach Berlin hat sich verkürzt. Der neue Bahnfahrplan macht es möglich. Seit dem 14. Dezember fahren Fernzüge über die sogenannte Dresdner Bahn im Süden von Berlin. Damit rücken nicht nur Dresden und Prag, sondern auch Ústí nad Labem (Aussig) und Děčín (Tetschen) rund zehn Minuten an die deutsche Bundeshauptstadt heran. Von Ústí braucht der Railjet-Zug nur noch 2 Stunden und 45 Minuten. Ab Děčín ist man planmäßig bereits in weniger als 2,5 Stunden in Berlin. Die Chancen, dass dies tatsächlich planmäßig passiert, haben sich am 17. Dezember noch einmal verbessert. Fast gleichzeitig mit dem neuen Fahrplan wurde nämlich die 2,5 Jahre dauernde Baustelle am Güterbahnhof Bad Schandau fertiggestellt, die bisher für Verzögerungen, aber auch Sperrungen vor allem des S-Bahnverkehrs sowie gelegentlich auch der Fernzüge gesorgt hatte.

Noch enden die Fernzüge von Prag in Berlin. Mit dem Abschluss der Sanierung der Strecke Berlin-Hamburg im April nächsten Jahres fahren die Fernzüge wieder weiter bis Hamburg und sogar neu bis Kopenhagen. Damit haben Prag, Ústí und Děčín eine Direktverbindung nicht nur mit der deutschen, sondern auch der dänischen Hauptstadt. Die Fahrtzeit von Prag nach Hamburg verkürzt sich dann deutlich um 40 Minuten.

Neue Regierung mit vielen Bekannten

Die neue tschechische Regierung mit Präsident Petr Pavel
Die neue tschechische Regierung mit Präsident Petr Pavel (© Tomáš Fongus)

Tschechien hat eine neue Regierung. Anfang der Woche ernannte Präsident Petr Pavel auf Vorschlag von Premierminister Andrej Babiš die 14 Mitglieder der neuen Regierung. Anschließend trat das Kabinett zu seiner ersten Sitzung in der Straka-Akademie zusammen. Das Gebäude auf der Kleinseite am Moldauufer ist der Sitz des Premierministers. Vor der ersten Kabinettssitzung übergab der scheidende Premier Petr Fiala das Haus an seinen Nachfolger. Entsprechend wurden im Laufe des Montags alle Minister in ihre Ministerien eingeführt, wo ihre jeweiligen Vorgänger ihnen die Ämter übergaben.

So neu ist die Regierung allerdings nicht. Einschließlich Andrej Babiš waren allein sechs der 15 Regierungsmitglieder bereits Minister, zum großen Teil sogar in gleicher Funktion. Alle sechs bekleiden ihre Ämter dabei für Babišs Partei ANO. So ist Petr Havlíček wieder wie zwischen 2017 und 2021 in der ersten Regierung von Andrej Babiš Minister für Industrie und Handel und neu auch Vizepremier. Alena Schillerová bekleidet erneut das Amt der Finanzministerin. Robert Plaga ist wieder Bildungsminister und Adam Vojtěch Gesundheitsminister. Einzig Lubomír Metnar wechselte vom Verteidigungsressort ins Innenministerium. Nahezu alle gelten auch koalitionsübergreifend als anerkannte Experten auf ihren Gebieten.

Mit Jeroným Tejc (für ANO) als Justizminister und Boris Šťastný als Sportminister (Motorist) bekleiden zudem Politiker ihre Ämter, die teils über Jahrzehnte die tschechische Politik als Parlamentarier geprägt haben, Tejc übrigens für die Sozialdemokraten (ČSSD) und Šťastný für die liberalkonservative ODS. Eine gute Bekannte aus nordböhmischer Sicht ist die Ministerin für regionale Entwicklung Zuzana Mrázová (ANO), die kurz vor ihrer Ernennung geheiratet hat, vorher Zuzana Schwarz Bařtipánová hieß und als solche lange Jahre geschätzte Bürgermeisterin von Bílina war.

Mrázová und Schillerová sind auch die zwei einzigen Frauen im Kabinett. Und es ist nicht zu erwarten, dass sich dieses sehr ungünstige Verhältnis noch verbessert. Momentan ist das Umweltministerium noch unbesetzt und wird vorübergehend von Außenminister Petr Macinka (Motoristen) kommissarisch geführt. Der eigentlich für das Amt vorgesehene Kandidat Filip Turek hatte ein Treffen mit Präsident Pavel in Vorbereitung der Ernennung wegen Krankheit abgesagt. Inzwischen steht ein neuer Termin für das Treffen fest. Pavel hat wegen minderheitenfeindlicher und menschenverachtender Äußerungen Tureks allerdings große Vorbehalte gegen seine Ernennung. So oder so wird der Posten aber durch Motoristen und mit großer Sicherheit mit einem Mann besetzt. Diese Partei ist wie die andere Koalitionspartei SPD eine nahezu reine Männerpartei, die bisher nur Männer in die entscheidenden Ämter entsandt hat.

Tschechische Laientheater sind UNESCO-Weltkulturerbe

Laientheater in Tschechien
Laientheater in Tschechien (© Ivo Mičkal)

Der zwischenstaatliche Ausschuss der UNESCO für immaterielles Kulturerbe hat auf seiner jüngsten Sitzung im indischen Delhi die tschechischen Laientheater zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt. „Das ist die Auszeichnung einer lebendigen Tradition, die in der Tschechischen Republik tief verwurzelt ist“, freute sich vergangene Woche der scheidende tschechische Kulturminister Martin Baxa (ODS). Der Tradition des Laientheaters, die bei einigen Ensembles eine über 200 Jahre währende Geschichte hat, widmen sich gegenwärtig über 3.500 Theatergruppen in ganz Tschechien mit rund 100.000 Aktiven. Manche Ensemble haben mehr als 300 Mitglieder. Die Tradition ist besonders stark in den Regionen vertreten, auch da, wo es sonst kein weiteres kulturelles Leben gibt. Die UNESCO würdigt damit eine typisch tschechische Tradition, die immer wieder neue Generationen von Laienschauspielern hervorbringt. Ein wichtiger Faktor für die starke Verbreitung, die rein privat organisiert und in Freundeskreisen gepflegt wird, ist auch das dichte Netz von Kunstgrundschulen in Tschechien.

Für Tschechien ist es der Eintrag im immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe mit der größten Verbreitung in der Bevölkerung. Bislang gehören in Tschechien bereits neun Traditionen dazu, wie die Masken und Faschingsumzüge im Raum Hlinsko (Ostböhmen), die Pfadfinder (Sokol), die Königsreiter im Südosten Tschechiens oder das Puppenspiel. Zuletzt gelang vor zwei Jahren die handwerkliche Glasherstellung auf die prestigeträchtige Liste. Das tschechische Amateurtheater wurde in diesem Jahr gemeinsam mit der italienischen Küche, der isländischen Freiluftbadekultur und der polnische Korbmachertradition ins immaterielle UNESCO-Kulturerbe aufgenommen.

Weiter Unklarheit um Lithium-Förderung

Seit Jahren wird über die Wiederaufnahme des Bergbaus im Erzgebirge gesprochen. Im Raum Cínovec (Böhmisch Zinnwald) will die halbstaatlich kontrollierte Firma Geomet Lithium fördern. Die Vorräte auf der tschechischen Seite gehören zu den größten Europas. Allerdings kommt das Projekt nur schleppend voran.

So wurde während der letzten Sitzung des Bezirksparlaments in Ústí klar, dass weiterhin entscheidende Voraussetzungen für das Projekt fehlen. Dabei geht es vor allem um die weiter fehlende Machbarkeitsstudie. Die ist Voraussetzung für eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Geomet kündigte an, diese bis Ende des Jahres zu beantragen und dabei auch die Machbarkeitsstudie vorzulegen. Während der Parlamentssitzung in dieser Woche war Geomet allerdings noch nicht in der Lage, eine Machbarkeitsstudie vorzuweisen, was vor allem von Vertretern der Gemeinden wie Dubí und Košťany kritisiert wurde. Ihnen zufolge hatte Geomet versprochen, die Studie längst vorzulegen. Der Bürgermeister von Košťany äußerte zudem Zweifel, ob der Lithiumabbau aufgrund der gesunkenen Rohstoffpreise überhaupt wirtschaftlich sei. Das Bezirksparlament nahm das Thema daraufhin nach der Debatte von der Tagesordnung. Eigentlich sollte über eine Änderung der Raumplanung zugunsten einer Lithiumförderung abgestimmt werden. Das wurde bis auf weiteres verschoben.

Geomet, das zu 51 Prozent von der Kohlefirma Severočeské doly kontrolliert wird, die wiederum zum halbstaatlichen Energiekonzern ČEZ gehört, hat im Raum Cínovec bereits umfangreiche Probebohrungen durchgeführt, wo einmal auch die Förderung von Lithium stattfinden soll. Die Verarbeitung des Rohstoffs ist auf dem heutigen Kraftwerksgelände in Prunéřov bei Kadaň geplant. Dahin soll das geförderte Material teils über eine Seilbahn transportiert werden. 49 Prozent an Geomet kontrolliert die australische Firma EMH. Der Staat hat für den Bau des Verarbeitungswerks bereits bis zu 8,8 Milliarden Kronen (rund 370 Millionen Euro) Fördergeld zugesichert.

Geld für Erhalt von Kirchen, Synagogen und Friedhöfen

Der Verwaltungsrat des Tschechisch-Deutschen Zukunftsfonds hat auf seiner letzten Sitzung Gelder für den Erhalt und die Sanierung von Kirchen, Synagogen und Friedhöfen freigegeben. Dafür wurden insgesamt 466.000 Euro bereitgestellt. So wird für die Fördersumme von 600.000 Kronen (25.000 Euro) zum Beispiel die Kuppel der Synagoge in Děčín (Tetschen) saniert. Außerdem fließen Gelder in die Wiederherstellung von Grabsteinen auf den Friedhöfen in Chabařovice (Karbitz) bei Ústí nad Labem (Aussig) sowie Kerhartice (Gersdorf) und Kamenický Šenov (Steinschönau) bei Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz). Mit dem Geld des Zukunftsfonds wird zudem die Sanierung der Kreuzkapelle in Markvartice fortgesetzt.

Insgesamt wurden Gelder in Höhe von 1,5 Millionen Euro bewilligt. Während die Bau- und Erhaltungsmaßnahmen für das ganze nächste Jahr vorgesehen sind, beziehen sich alle übrigen Projekte auf das erste Quartal 2026. Dabei geht es vor allem um Jugend- und Kinder-Begegnungen, Austausch zwischen Kindern und Jugendlichen, aber auch die Zusammenarbeit von Schulen und Praktika auf der jeweils anderen Seite der Grenze. Gefördert wird auch die Galerie Gotické dvojče (Gotische Zwillinge) in Litoměřice (Leitmeritz), die die Präsentation deutscher und tschechischer Künstler unterstützt. Bewilligt wurden auch Fördermittel für die Übersetzung von Büchern wie "Ungleich vereint" des Soziologen Steffen Mau ins Tschechische oder des Elbe-Buchs von Luboš Palata, das dieser bei den Tschechisch-Deutschen Kulturtagen präsentierte, ins Deutsche. Außerdem fördert der Zukunftsfonds die Übersetzung des Buches über die Spuren der Roten Bergsteiger in der Sächsischen Schweiz und im Osterzgebirge.

Der schönste Weihnachtsbaum von Nordböhmen

Der Weihnachtsbaum in Benešov nad Ploučnicí
Der Weihnachtsbaum in Benešov nad Ploučnicí (© Andrea Kulíková/Děčínský deník)

Benešov nad Ploučnicí (Bensen) hat in diesem Jahr den schönsten Weihnachtsbaum im Bezirk Ústí (Aussig). Das ergab die alljährliche Umfrage der Tageszeitung „Deník“. Demnach siegte Benešov nur um Haaresbreite vor dem Baum in Štětí (Wegstädtl) und mit großem Vorsprung vor dem Baum in Žatec (Saaz). Der Weihnachtsbaum in der Partnerstadt von Heidenau war eine Privatspende des Ehepaars Klemer. Geschmückt wurde er von Frau Michaela Soukupová; die Freiwillige Feuerwehr der Kleinstadt stellte ihr eine Hebebühne.

Zuvor hatte sich der Weihnachtsbaum in der Umfrage des Kreises Děčín gegen den Titelverteidiger des Landesumfrage aus Velký Šenov (Groß-Schönau) durchgesetzt. Der schönste Weihnachtsbaum Tschechiens stand sogar zweimal hintereinander in Velký Šenov. Ob sein Nachfolger mit Benešov erneut aus dem Kreis Děčín kommt, entscheidet sich im Landesfinale, das zwischen dem 19. und 22. Dezember ausgetragen wird. Wer mitstimmen möchte, kann das hier tun. Den Sieger erwartet ein Preisgeld in Höhe von einer Viertel Million Kronen (rund 10.000 Euro).

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Mit dieser Ausgabe unseres Newsletters verabschieden wir uns in die Weihnachtsferien. Sie werden jetzt zwei Wochen auf unsere Neuigkeiten aus Tschechien und der Grenzregion verzichten müssen.

Wir wünschen Ihnen allen frohe Weihnachten und mögen Sie gut ins neue Jahr kommen!


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