Euroregion Elbe/Labe

»Žert« (Der Scherz) beim Tschechischen Filmmittwoch

05.02.2025 • 20:00 • Zentralkino Dresden

Geschichte von Verrat, Rache und Liebe nach einem Roman von Milan Kundera

»Žert« (Der Scherz)Der Roman von Milan Kundera wurde 1968 vom Regisseur Jaromil Jireš verfilmt. Das Motto des Films ist Jireš' Aussage: „Der Schaden, der einem Menschen zugefügt wird, kann nicht wie ein kaputtes Pflaster beseitigt werden, denn menschliche Herzen haben ihr eigenes Gedächtnis.“ Zum Zeitpunkt seiner Entstehung war es einer der wenigen Filme, der offen über die Repressionen der 1950er Jahre und deren Deformation menschlicher Charaktere sprach.

Der Student Ludvík schickt seiner Freundin eine Postkarte, auf der er spaßeshalber provokant unter anderem schreibt: "Optimismus ist Opium fürs Volk! Ein gesunder Geist stinkt nach Dummheit. Es lebe Trotzki!" In den 1950er Jahren lassen die Folgen nicht lange auf sich warten: Das Mädchen, getrieben vom heiligen Gefühl der Parteipflicht, übergibt die Postkarte der Parteiorganisation. Jahn wird aus der Partei ausgeschlossen, von der Uni geworfen und als Soldat in die berüchtigte Strafeinheit „Schwarzes Bataillon“ und jahrelang in den Bergbau geschickt.

Ludvík kann auch Jahre später das erlittene Unrecht nicht verwinden. Er will Rache, doch am Ende wendet sich alles gegen ihn. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt beschließt er, die Frau von Pavel Zemánek zu verführen, der ihn damals verraten und sein Leben ruiniert hatte. Als er Helena verführt, erfährt er, dass ihr Mann bereits eine andere junge, attraktive Frau hat und seine Ex-Frau bereitwillig einem Mann überlässt, den er behandelt, als wäre nichts gewesen. Ludvík begreift endlich die Peinlichkeit der Situation und die Sinnlosigkeit seiner Rache.

Regisseur Jireš beschrieb den Film noch mit den Worten: „Žert ist ein Film über unglückliche Opfer mit Gedächtnis und glückliche Täter, die ihr Gedächtnis verloren haben.“ 1971 landete der Film unter Husák – verständlicherweise, aber doch erstaunlich spät – im Tresor und wurde erst 1990 wieder gezeigt.

 

Dieser Film wird im Rahmen der Reihe "Tschechischer Filmmittwoch" gezeigt, wie immer in Originalfassung mit deutschen Untertiteln.

Wenn Sie immer rechtzeitig an den Filmmittwoch erinnert werden und auch weitere Informationen zu tschechischer Kultur in der Euroregion Elbe/Labe erhalten wollen, können Sie sich für unseren Kultur-Newsletter anmelden.

 

Aufgrund der großen Nachfrage zeigen wir den Film wieder in beiden Sälen. Dafür gibt es zwei getrennte Links zur Ticketbestellung. Sollten Sie kein Ticket mehr bekommen, lohnt es sich trotzdem, es an der Abendkasse zu versuchen. Viele der belegten Plätze sind nur reserviert und werden höchstwahrscheinlich nicht alle genutzt.

Wer noch die letzten Tickets für den großen Saal ergattern möchte:

Tickets und Reservierungen

Und im kleinen Saal um 20.15 Uhr:

Milan Kundera konnte für die Romanvorlage aus dem eigenen Erleben schöpfen, und das aus Sicht sowohl der Täter als auch der Opfer. Er war – ähnlich wie Pavel Kohout – nach dem Krieg glühender Kommunist. Beide schrieben teilweise von der literarischen Qualität her schlimme Werke zur Lobpreisung der Partei und des Stalinismus und gingen hart gegen Abweichler vor. Wenn Kundera also im Buch (und im Film) die Stimmung nach 1948 und Anfang der 1950er beschreibt, den "Zeitgeist", dann offenbart er eigentlich sich selbst. Während Kohout sogar an der Gründung der Staatssicherheit beteiligt war, wird Kundera nur gelegentliche Kollaboration in dieser Zeit vorgeworfen. Er bestreitet dies, doch z.B. Jan Novák legt in seiner kritischen (und nicht autorisierten) Kundera-Biografie dar, dass dieser nie sein eigenes Wirken in jenen Jahren kritisch aufgearbeitet und sich davon distanziert hat (im Gegensatz zu Kohout). Er ging zwar ins Exil und gilt im Westen als vehementer Kritiker des Kommunismus, doch über seine eigene Rolle in dessen dunkelsten Jahren schweigt er. Und das lässt man ihm als dem "Säulenheiligen" der tschechischen Literatur und weltweit bekanntesten tschechischen Autor auch gern durchgehen.

Andererseits hat Kundera zumindest den Parteiausschluss aufgrund einer Lappalie selbst erlebt, nachdem er sich über eine Parteischulung lustig gemacht hatte. Allerdings wurde er danach nicht jahrelang gedemütigt und geschunden, sondern durfte bald wieder in den Schoß der Partei zurückkehren.

Insofern erscheint auch Žert als ein Werk, welches zwar eindrucksvoll jene bis zur Gewissenlosigkeit verblendete Begeisterung für den Stalinismus und die Folgen für die damaligen Opfer aufzeigt, aber seinen Schöpfer nur auf einer Seite verortet. Die darin zum Ausdruck gebrachte Unmöglichkeit einer Genugtuung der Opfer für das ihnen angetane Leid wird förmlich greifbar. Doch er selbst sieht anscheinend keine persönliche Schuld und hat sich auch wenig um die Opfer des Systems gekümmert, welches er aktiv unterstützt hat (meint Jan Novák).

Unbestätigter fun fact: Pavel Kohout soll die Inspiration für die Figur des "vergesslichen Verräters" Pavel Zemánek gewesen sein und sollte diese Rolle auch selbst spielen.

Tschechoslowakei, 1968, 82 min, OmU

Regie: Jaromil Jireš
Vorlage: Milan Kundera (Buch)
Drehbuch: Milan Kundera, Jaromil Jireš

Es spielen:  Josef Somr, Jana Dítětová, Luděk Munzar, Jaroslava Obermaierová, Milan Švrčina, Miloš Rejchrt, Evald Schorm, Věra Křesadlová, Jaromír Hanzlík

Adresse

Zentralkino Dresden
Kraftwerk Mitte 16
01067 Dresden

Kontakt

Tel: +49 351 3107375
emailEmail
open_in_newWebsite

Anreise

Das Zentralkino befindet sich auf dem Gelände des (Kultur-) Kraftwerks Mitte (siehe Geländeplan, Nr. 16). Zugänge gibt es am Wettiner Platz, von der Könneritzstraße und von der Ehrlichstraße.

Vom "Bahnhof Mitte" directions_railway directions_bus sind es rund 350 m, vom "Haltepunkt Freiberger Straße" directions_railway directions_bus rund 500 m Fußweg bis zum Kino. An beiden Stationen halten auch diverse Straßenbahnlinien. Von der Haltestelle "Schweriner Straße" directions_railway directions_bus sind es 400 m.

Der große, kostenpflichtige Parkplatz zum Kraftwerk Mitte befindet sich hinter dem Bahndamm. Die Zufahrt erfolgt von der Löbtauer Straße. Vom Parkplatz gelangt man durch einen Durchgang und über die Könneritzstraße zum Kino.

ProCache: v401 Render date: 2025-03-27 08:32:29 Page render time: 2.2201s Total w/ProCache: 2.2247s