Euroregion Elbe/Labe

Derweil in Tschechien... 6/25

Klagen gegen Schnellbahnstrecke abgewiesen – Hejtman Půta weitgehend freigesprochen – Autobahntunnel ab April zeitweise gesperrt – Sanierung des Hotels auf dem Klínovec wieder unsicher – ČEZ setzt auf Erneuerbare – Bürgerbeteiligung zu umstrittenem Lithium-Projekt

07.02.2025

Klagen gegen Schnellbahnstrecke abgewiesen

Tunnelmündung bei Chlumec (Visualisierung)
Tunnelmündung bei Chlumec (Visualisierung) - rechts Chlumec, links Stradov (© Deutsche Bahn)
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Die Kleinstadt Chlumec am Fuße des Erzgebirges sowie das Dorf Hrobce an der Südseite des Böhmischen Mittelgebirges hatten im November Klage gegen die Streckenführung der Schnellbahnverbindung Dresden-Prag eingereicht. Beide Gemeinden liegen jeweils am Endpunkt eines geplanten Tunnels. Kern der Klagen war die Kritik an der Auswahl des Streckenverlaufs. In Chlumec wäre nur eine Variante geprüft worden, während von den drei Varianten in Hrobce zwei nur zum Schein betrachtet worden wären, weil das Verteidigungsministerium diese bereits zuvor abgelehnt hätte. In beiden Gemeinden wären andere Bereiche seit Jahrzehnten für eine solche Trasse freigehalten worden, die nun nicht dafür genutzt würden.

Am Montag wies nun das Bezirksgericht Ústí nad Labem beide Klagen ab. Die Trasse sei vom Bezirk Ústí nad Labem im Einklang mit dem Gesetz ausgewählt worden.  Laut Richter Jiří Dörfl sei zum Beispiel Chlumec gar nicht vom geplanten Erzgebirgstunnel betroffen: "In dem engen Bereich zwischen Chlumec und Stradov, den die Klägerin besonders betonte, wird die Trasse im Tunnel verlaufen, so dass es zu keiner Beeinträchtigung der Umgebung kommen wird", sagte er.

Die Bürgermeisterin von Hrobce hat bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Auch Chlumec plant, sich weiter zu wehren: "Wir werden auf jeden Fall weitermachen. Und wenn Sie mich nach meiner Meinung fragen, so bin ich sehr enttäuscht, denn wir haben vom Gericht eigentlich erfahren, dass es uns überhaupt nicht betreffen würde. Außerdem hat das Gericht das Hauptargument unseres Anwalts überhaupt nicht berücksichtigt, nämlich dass die Durchführbarkeit des Projekts als solches gar nicht geprüft wurde", sagte die unabhängige Bürgermeisterin Veronika Srnková.

Hejtman Půta weitgehend freigesprochen

Martin Půta (Mitte) beim Preis der Euroregion Neiße 2024
Martin Půta (Mitte) beim Preis der Euroregion Neiße 2024 (© Euroregion Neiße)

Noch eine Meldung aus dem Gerichtssaal, diesmal aus Liberec: Der dortige Hejtman (also das Oberhaupt des Bezirks Liberec) Martin Půta war wegen Amtsmissbrauch und Korruption angeklagt worden. Er habe vom Bauunternehmen Metrostav Bestechungsgelder in Höhe von 800.000 Kč (ca. 32.000 Euro) angenommen. Zudem habe er Metrostav im Gegenzug für die Anstellung eines Bekannten Vorteile im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau einer Kirche verschafft. Die Sache verfolgt den Hejtman bereits seit 2014. Dabei wurde er bereits freigesprochen, das Urteil jedoch 2020 wieder aufgehoben.

Die Bestechlichkeit im zweiten Fall konnte nach Ansicht des Gerichts auch diesmal nicht nachgewiesen werden, doch für den ersten Fall wurde Půta schuldig gesprochen und zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 50.000 Kč (ca. 2000 Euro) verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und Půta legte noch vor Ort Berufung ein, um seine Unschuld auch im ersten Fall zu beweisen.

Im gleichen Verfahren waren acht weitere Personen und fünf Unternehmen angeklagt worden. Diese wurden alle zumindest teilweise schuldig gesprochen. Půtas Fall war dabei eher eine Nebensache, erhielt jedoch die meiste mediale Aufmerksamkeit. Für die Teilnahme an der Verhandlung mussten im Vorfeld aufgrund begrenzter Raumkapazitäten Tickets ausgegeben werden. Der Hejtman gilt als beliebt und ist ein starker Förderer der Euroregion Neiße und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Sachsen und Polen.

Autobahntunnel ab April zeitweise gesperrt

Tunnel Panenská
Tunnel Panenská

Die tschechische Straßen- und Autobahndirektion plant für dieses Jahr eine Großreparatur des längsten Autobahntunnels Tschechiens: die Instandsetzung der Tunnel Panenská und Libouchec (die beiden hinter der Ausfahrt Petrovice). In die erste größere Rekonstruktion des Tunnels nach zwanzig Jahren Betrieb werden ca. 750 Millionen Kč (ca. 30 Mio. Euro) investiert. 

Die Sanierung soll im April beginnen und bis zum Jahresende dauern. Die meiste Zeit wird eine der Röhren befahrbar bleiben. Zu Beginn der Arbeiten im April, im Juli und im Oktober ist jedoch mit rund einwöchigen Vollsperrungen zu rechnen. Das dürfte zu erheblichen Verkehrsproblemen in den Dörfern auf den Umleitungsstrecken führen.

PKW können während der Vollsperrungen die benachbarten Grenzübergänge in Petrovice oder Cínovec nutzen. LKW werden jedoch deutlich weiter fahren müssen, entweder bis Hora Svatého Šebestiána im Westen oder bis Jiříkov im Schluckenauer Zipfel. Dies könnte zu mehreren Tausend zusätzlichen LKW pro Tag in Städten wie Děčín, Jílové, Česká Kamenice oder Rumburk führen. Laut einer fünf Jahre alten Verkehrszählung passieren täglich über 7.000 schwere LKW den Grenzübergang an der Autobahn D8/A17.

Das erwartete Verkehrschaos wird noch verschärft durch weitere Baumaßnahmen wie die Sanierung der Beneš-Brücke in Ústí nad Labem und die Schließung der Brücke in Mojžíř, wegen der die Straße zwischen Děčín und Ústí nad Labem längere Zeit nicht durchgängig befahrbar sein wird.

Sanierung des Hotels auf dem Klínovec wieder unsicher

Hotel auf dem Klínovec
Hotel auf dem Klínovec

Erst im November letzten Jahr keimte Hoffnung auf eine baldige Rettung des immer weiter verfallenden Hotels auf dem Klínovec (Keilberg): Die Gemeinde Boží Dar hatte mit Prague Season einen neuen strategischen Partner gefunden, um das Hotel mit reichlich Fördermitteln aus dem Just Transition Funds der EU zu sanieren. Man ging damals von Kosten in Höhe von ca. 415 Mio. Kč (ca. 16,6 Mio. Euro) aus, die zu 85% gefördert werden sollten. Zuvor hatte ein anderer strategischer Partner sich zurückgezogen.

Doch nun tauchen neue Probleme auf: Das Gebäude ist zwar im Eigentum der Gemeinde Boží Dar, aber das Gelände auf dem Gipfel des Klínovec gehört zur Gemeinde Jáchymov. Deren Bürgermeister ist gegen die Sanierungspläne, weil sie seiner Meinung nach gegen den geltenden Flächennutzungsplan verstoßen. Es wäre eine Erweiterung vorgesehen, aber an das denkmalgeschützte Gebäude dürfte nichts angebaut werden. Die Gemeinde Boží Dar sieht das naturgemäß anders. Wenn es da nicht bald zu einer Einigung kommt, sind die Fördermittel in Gefahr.

Das rund 120 Jahre alte Hotel steht seit 1993 leer und verfällt. Einen Einblick ins Innere bietet ein Video des Tschechischen Fernsehens vom November.

ČEZ setzt auf Erneuerbare

Kraftwerk von ČEZ
Kraftwerk von ČEZ

Der halbstaatliche Energiekonzern ČEZ, das größte Energieunternehmen Tschechiens, betreibt derzeit noch neun Kohlekraftwerke, die meisten davon in Nordböhmen und Nordmähren. Derzeit macht Kohle in Tschechien noch einen Anteil von 50% der Wärme- und 40% der Stromproduktion aus. Im Zuge des auch in Tschechien geplanten Kohleausstiegs beginnt der Konzern nun, seine Kraftwerke umzurüsten. So wurde bereits eines bei Mělník in ein Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk umgebaut. Insgesamt will der Konzern in den nächsten fünf Jahren dafür 3,2 Mrd. Euro investieren. Ein Teil davon kommt als Fördermittel aus dem Modernisierungsfonds der EU, aus dem Tschechien 20 Mrd. Euro erhält.

Der Ersatz von Kohle durch Erdgas vermeidet zwar 50% bis 70% der CO2-Emissionen, doch die Dekarbonisierung muss weitergehen, um Klimaneutralität zu erreichen. So plant ČEZ längerfristig auch die Nutzung von Biogas und Biomasse, die Errichtung großer Solaranlagen (z.B. auf den Flächen ehemaliger Braunkohlegruben wie Nástup bei Chomutov) und die Produktion von Wasserstoff mittels Solarstrom.

Bürgerbeteiligung zu umstrittenem Lithium-Projekt

Bohrkerne
Bohrkerne

Der Konzern ČEZ produziert nicht nur Energie, sondern ist auch Mehrheitseigner des Projektes zum Lithiumerz-Abbau in Cínovec. Dazu hat jetzt der Bezirk Ústí einen ersten Schritt der Bürgerbeteiligung begonnen. Die Bürgerinnen und Bürger können sich zur Situation rund um den Abbau, den Transport und die Weiterverarbeitung von Lithium bei Cínovec und der Siedlung Dukla im Kreis Teplice äußern. Bis Jahresende soll eine Entscheidung über das Projekt getroffen werden. Dieses läuft übrigens organisatorisch unabhängig vom Lithiumprojekt auf deutscher Seite in Zinnwald.

Anfang des Jahres hatte die Firma ČEZ über den aktuellen Projektstand berichtet. Demnach ist nun nicht mehr geplant, die Erzaufbereitung in der Nähe der Siedlung Dukla in Újezdeček am Rande von Teplice durchzuführen, sondern das Erz dort nur umzuladen und es per Bahn zur Aufbereitung auf das Gelände des Energiekonzerns am Kraftwerk Prunéřov bei Kadaň zu bringen. Derzeit wird eine Machbarkeitsstudie dazu erarbeitet.

Gegen die ursprünglichen Pläne gab es starken lokalen Widerstand. Ohnehin steht die Politik in der Region dem Projekt recht skeptisch gegenüber, wie eine Umfrage vor den Bezirkswahlen 2024 zeigte. Viele Politiker/innen sorgen sich ebenso wie die Bevölkerung um Belastungen für Umwelt und Menschen und befürchten zudem, dass die Gewinne aus dem Projekt vor allem anderswo generiert werden und nicht in der Region.

Wer sich genauer über das Lithium-Projekt auf tschechischer Seite informieren will, kann dies im Infozentrum der Firma Geomet in Mstišov bei Dubí tun (Adresse: Školní 299, Mstišov, 417 03 Dubí). Es ist jeden Mittwoch von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Dort kann man z.B. auch Bohrkerne von den Erkundungsbohrungen sehen.

 


 

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