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Derweil in Tschechien... 7/25

Jetřichovice behindert Rettung einer Landmarke – Kein neues Casino in Hřensko – Bezirk Ústí Schlusslicht bei Lebensqualität – Tschechische Wirtschaft wieder unter TOP10 – Tschechien und Deutschland im Korruptionsindex verschlechtert – Fleißige Biber sparen Millionen

14.02.2025

Jetřichovice behindert Rettung einer Landmarke

ehem. Kindersanatorium in Jetřichovice
ehem. Kindersanatorium in Jetřichovice (© FB Ozdravovna Jetřichovice - Výzva)

Wer von Jetřichovice zum Marienfelsen wandert, sieht am Ortsrand rechter Hand ein großes, eindrucksvolles Gebäude, welches zwar fast wie ein Schloss wirkt, aber leider schon bessere Tage erlebt hat. Es war ein 1927 eröffnetes Sanatorium für Kinder, steht jedoch seit 2005 leer. Der Bezirk verkaufte es 2006 an einen Privateigentümer, der darin ein Hotel unterbringen wollte. Dieser Plan scheiterte jedoch und lange geschah nichts, und trotz öffentlichem Druck wollte der Bezirk das Gebäude nicht zurückkaufen. 2020 erwarb es dann ein Betreiber verschiedener Hotels in der Umgebung, der es in ein luxuriöses Wellnesshotel umwandeln wollte. Viele waren froh, dass sich damit eine Chance für den Erhalt des Gebäudes bot.

Heute hat jedoch der Gemeinderat von Jetřichovice einen neuen Flächennutzungsplan beschlossen, der die Errichtung weiterer Gebäude auf dem Grundstück des ehemaligen Sanatoriums verhindert. Der Besitzer kritisierte dies bereits im Vorfeld, denn damit wäre eine wirtschaftliche Sanierung und Nutzung des großen Hauses unmöglich. Er werde diese Entscheidung nicht akzeptieren und die Gemeinde auf Schadenersatz verklagen. Auch andere Bürger sind mit der Entwertung ihrer Grundstücke durch den neuen Plan unzufrieden und kündigten Gegenwehr an.

Nach mehreren Presseberichten macht die ganze Sache einen unsauberen Eindruck: So wurde der neue Flächennutzungsplan in nur 8 Minuten und ohne Aussprache beschlossen. Die Sitzung des Rates fand am Vormittag statt, was sehr ungewöhnlich ist und den Bürgern eine Teilnahme erschwert. Mit der Begründung, dass die Bürger 12 Jahre Zeit für Wortmeldungen gehabt hätten, wurde eine Diskussion über den Plan unterbunden. Das ist wahrscheinlich rechtswidrig. Im Vorfeld war der Plan nur in Papierform einsehbar. Es scheint zudem so, als seien mit dem neuen Plan Grundstücke des Bürgermeisters und des Vizebürgermeisters selbst im Wert gesteigert worden. Man kann also davon ausgehen, dass die ganze Sache vor Gericht landen wird. Die Gemeinde und ihr Bürgermeister seien übrigens derzeit bereits in einen Prozess wegen angeblichen versuchten Subventionsbetrugs verwickelt.

Kein neues Casino in Hřensko

Hřensko
Hřensko (© Gemeinde Hřensko)

Der Grenzort Hřensko, ein beliebtes Ausflugsziel in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz, bekannt durch die Edmundsklamm und das nahe Prebischtor, hat seit 2015 eine Verordnung zum Verbot von Glücksspiel an bestimmten Orten. Diese wurde 2024 auf das gesamte Gemeindegebiet ausgeweitet. Einem Unternehmen, welches zuvor die Genehmigung für ein neues Kasino beantragt hatte, wurde diese daraufhin verweigert. Dagegen hat es Beschwerde beim Innenministerium eingelegt, die in dieser Woche abgelehnt wurde, meldet der Tschechische Rundfunk.

Die Gemeinde argumentierte, dass diese Art von Geschäft den genius loci von Hřensko zerstören könnte - den eines rein touristischen, friedlichen Dorfes. Laut Bürgermeisterin Kateřina Horáková hätte sich in einer inoffiziellen Umfrage eine Mehrheit der Bewohner und Geschäftsleute dagegen ausgesprochen. Zudem gäbe es Befürchtungen hinsichtlich Kriminalität, mit deren Bekämpfung die örtliche Polizei allein überfordert wäre.

Bezirk Ústí Schlusslicht bei Lebensqualität

Prosperitätsindex der Regionen
Prosperitätsindex der Regionen (© Dark Side on Tableau Public) – blau=hoch, rot=niedrig

Die Bank Česká spořitelna und die Plattform „Europa in Daten“ haben die Lebensqualität in Tschechien untersucht. Die Stadt mit der höchsten Lebensqualität ist demnach Turnov im Bezirk Liberec, gefolgt von Luhačovice und Nové Město in Mähren. Das Schlusslicht ist Podbořany im Bezirk Ústí, kurz davor Bílina im selben Bezirk und Karviná bei Ostrava.

Unter den Bezirken schneidet Ústí insgesamt am schlechtesten ab und bildet mit den Bezirken Karlsbad und Mährisch-Schlesien das "übliche Trio" der Schlusslichter, das sich auch in anderen Untersuchungen oft zeigt. Von den 20 schlechtplatziertesten Städten liegt die Hälfte im Bezirk Ústí. Etwas verwunderlich ist dabei z.B. das sehr schlechte Abschneiden von Teplice (201.), Děčín (196.) oder Žatec (193.).

Die Untersuchung betrachtete 37 Indikatoren wie z.B. die wirtschaftliche Situation, die Gesundheitsversorgung, Bildung, Annehmlichkeiten für die Einwohner oder die Qualität der Verkehrsinfrastruktur. Dafür wurde das Land in 206 Mikroregionen eingeteilt, die meist eine Stadt und ihr Umland abdecken. Es zeigte sich, dass eine schlechte Platzierung oft durch Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Zahl der Zwangsvollstreckungen oder Abwanderung der Bevölkerung abhängen. Die Kriminalitätsrate oder die Erschwinglichkeit von Wohnraum brachten andere Städte um gute Platzierungen, z.B. auch Prag.

Teilweise sind die Unterschiede zwischen den Regionen in Tschechien gravierend, z.B. bei Armutsindikatoren, was z.T. mit der Verteilung stark benachteiligter und sozial schwacher Gruppen wie Roma zusammenhängt. Dennoch sind die politischen Bestrebungen für einen stärkeren Ausgleich zwischen den Regionen oder zur Integration benachteiligter Gruppen sehr begrenzt. Umso auffälliger war, das Staatspräsident Petr Pavel in seiner Neujahrsansprache dieses Thema besonders erwähnt hat. Manche Beobachter vermuten sogar, dass ihm die Bedeutung dieses Themas auf seinen Reisen durchs Land deutlich wurde und dazu beitrug, seine zwischenzeitlich erkennbare Amtsmüdigkeit zu überwinden. In seiner zweiten Amtszeit, die er nun doch anstrebt, wird er sich dem weiter widmen.

Wer sich die Daten genauer anschauen will: Zum Prosperitätsindex der Regionen (nur Tschechisch)

Tschechische Wirtschaft wieder unter TOP10

In einem ebenfalls von der Česká spořitelna und der Plattform „Europa in Daten“ jährlich erstellten Index zur Gesundheit von Volkswirtschaften hat Tschechien sich deutlich verbessert und landet auf Platz 9 (2024: 14.). Dieser Index beschreibt nicht die Größe oder Wertschöpfung einer Wirtschaft, sondern deren inneren Zustand.

Wichtigster Faktor für die Verbesserung war der deutliche Rückgang der Inflation. Auch der Verbleib von mehr Einkommen und Kapital im Land wurde positiv bewertet. Problematisch sei hingegen der Charakter Tschechiens als "Billiglohnfabrik" mit einer zu geringen Wertschöpfung.

Die beste wirtschaftliche Gesundheit weist Schweden auf, gefolgt von Deutschland und Dänemark. Am Ende des Ranking finden sich Bulgarien, Polen und Griechenland. Bei Polen mag das etwas überraschen, wird aber der hohen Staatsverschuldung und niedrigen Investitionsquoten zugeschrieben.

Tschechien und Deutschland im Korruptionsindex verschlechtert

Korruptionsindex 2024
Korruptionsindex 2024 (© Transparency International; CC BY-SA 4.0)

Im diese Woche veröffentlichten Korruptionsindex 2024 von Transparency International haben sowohl Deutschland als auch Tschechien Plätze verloren. Von 100 möglichen Punkten erreichte Deutschland 75 und damit drei weniger als 2023. Es landete damit auf Platz 15 (2023: Platz 9) der Liste mit 180 Ländern. Tschechien steht mit 56 Punkten in der Liste auf Platz 46 (2023: 57 Punkte, Platz 41). Die Spitzenplätze nehmen wiederholt skandinavische Länder, Singapur und Neuseeland ein.

Für Deutschland wurden Probleme im Zusammenhang mit der North-Stream-Pipeline, dem politischen Einfluss der Autoindustrie, fehlender Lobbykontrolle und dem geschmeidigen Wechsel von Politiker/innen in die Wirtschaft bemängelt. Bei Tschechien sei das Problem eher die fehlende Strategie der Regierung gegen Korruption und die schleppende Umsetzung entsprechender Maßnahmen, oft nur auf Druck aus Brüssel.

Fleißige Biber sparen Millionen

Die Arbeit der Biber in Brdy
Die Arbeit der Biber in Brdy (© Naturschutzbehörde der Tschechischen Republik)

Im Landschaftsschutzgebiet Brdy (CHKO Brdy) bei Plzeň plant die Verwaltung seit sechs Jahren die Renaturierung eines Teilgebietes. Mit Dämmen sollen Wiesen in ein Feuchtgebiet umgewandelt werden. Dafür waren bereits 30 Mio. Kč (ca. 1,2 Mio. Euro) bereitgestellt worden, und die Baugenehmigungen für die Dämme lagen vor.

Doch die Biber waren schneller als die Behörden: In nur einer Nacht sollen sie – vermutlich nur 6 bis 8 Exemplare – mehrere Dämme geschaffen haben, die genau den gewünschten Zweck erfüllen, meldet Radio Prag. Angeblich hätten sie sich jedoch zuvor gar nicht an der europaweiten Ausschreibung für die Bauleistungen beteiligt. Die Behörden sind dennoch mit der Arbeit zufrieden und können die veranschlagten Mittel nun anderweitig einsetzen.

 


 

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