Derweil in Tschechien... 11/25
21.03.2025
Staustufe Ústí am Sonnabend zu besichtigen

Zum weltweiten Tag des Wassers am morgigen Sonnabend sind in Tschechien verschiedenste Orte geöffnet, die mit Wasser im Zusammenhang stehen. Dazu gehört auch die Masaryk-Staustufe in Ústí nad Labem, unterhalb der Burg Schreckenstein (Střekov). Die Besucher können dort ein Museum, einen Fischtreppen-Beobachtungsraum, den Maschinenraum des Wehrs sowie das Wasserkraftwerk mit seinen drei Kaplan-Turbinen besichtigen. Die Gelegenheit gibt es nicht allzu oft.
Bílina will sich dem Wasser zuwenden
Der Fluss Bílina gab der Stadt Bílina (deutsch Bilin) ihren Namen. Doch man merkt in der Stadt gar nichts vom Fluss, der durch Industrialisierung und Braunkohleabbau schwer geschunden wurde. Er entspringt in Zákoutí im Erzgebirge oberhalb von Chomutov, doch bereits kurz hinter Chomutov fließt er wegen einer Kohlegrube durch ein Rohr, dann durch einen künstlichen Kanal, der durch den Abriss des alten Most entstanden ist, und im Zentrum von Bílina in einem tiefen Betonbett, so dass das Wasser von der Straße aus fast unsichtbar ist. Abschnittsweise ist die Bílina ein beliebtes Paddelgewässer. Nach 49 km mündet sie schließlich in Ústí in die Elbe.
Nun hat das Rathaus von Bílina ein Konzept für die Uferpromenade und das Gebiet um den Fluss vom Bahnhof bis zum berühmten Bad Kyselka (Sauerbrunn) in Auftrag gegeben. Der Plan zeugt von einem grundlegenden Wandel in der Haltung gegenüber dem Fluss. Auf einer Strecke von 2 km sollen in neun Abschnitten verschiedene Zugänge zum Wasser geschaffen sowie das Flussbett renaturiert werden, und auch an die Paddler wird gedacht. Als eine Art Pilotprojekt wurde im letzten Jahr ein Bereich vor der zentralen Schulkantine revitalisiert und nun besonders von Schülern gern genutzt. Diese Jahr soll ein anschließender Abschnitt umgebaut werden.
Standseilbahn in Prag wird saniert

Die bekannte Standseilbahn auf den Petřín in Prag wird umfassend saniert. Dabei werden die alten Wagen durch neue, sehr moderne ersetzt. Am Dienstag wurden die bisherigen Wagen nach 40 Jahren im Einsatz in den Ruhestand geschickt und abtransportiert. Einer davon wird zukünftig im Technik-Museum in Chomutov zu sehen sein. Erst in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres wird man den Weg hoch zum "kleinen Eiffelturm" wieder mit der Bahn zurücklegen können. Bis dahin – und auch danach – empfehlen wir den Weg zu Fuß durch die Obsthänge. Besonders im Frühjahr zur Zeit der Obstbaumblüte ist es ein einmaliges Erlebnis, zwischen den Bäumen zu sitzen und den Blick über die Stadt schweifen zu lassen.
Radio Free Europe / Radio Liberty soll bleiben
Der von den USA finanzierte Sender Radio Free Europe / Radio Liberty sendete zu Zeiten des Kalten Krieges von München aus in den Ostblock. Mit dem Ende des Kalten Krieges sollte er seine Arbeit einstellen. Doch gerade für die Opposition in der Tschechoslowakei war es ein wichtiger Sender gewesen, weshalb sich Václav Havel als Präsident und Václav Klaus als Premier in seltener Einigkeit für die Rettung einsetzen. Sie stellten ihm in Prag ein Gebäude zur Verfügung, in das er vor genau 30 Jahren umzog. Zuletzt sendete er in 23 Länder, in denen die freie Presse als bedroht gilt oder fehlt.
Die Trump-Administration möchte nun den Auslandssender schließen, die Prager Regierung ihn jedoch erhalten. Sie hat dies beim Außenministertreffen in Brüssel am Montag angesprochen und insbesondere aus Mittel- und Osteuropa Unterstützung dafür erhalten. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bezeichnete den Radiosender als „ein Leuchtfeuer der Demokratie“. Es ist aber unklar, ob die EU die Finanzierungslücke füllen kann.
Dauerhafter Aufenthalt für einige ukrainische Flüchtlinge

Die tschechische Regierung hat die Einführung der Möglichkeit eines besonderen Daueraufenthalts für ukrainische Flüchtlinge in Tschechien beschlossen. Voraussetzung dafür sind ein vorübergehender Schutzstatus seit mindestens zwei Jahren, eine Jahreseinkommen von mehr als 440 000 CZK (ca. 17.600 Euro) sowie ein guter Leumund. Sie dürfen zudem seit Juli letzten Jahres keine humanitären Leistungen erhalten haben. Für jede weitere gemeinsam angemeldete Person erhöht sich das notwendige Einkommen um 110 000 CZK (ca. 4.400 Euro). Die Kinder müssten in Tschechien zur Schule gehen. Laut einer NGO rechne die Regierung mit ca. 20.000 Anträgen. Die Regierung betont, dass der vorübergehender Schutzstatus für ukrainische Flüchtlingen damit nicht in Frage gestellt wird, sondern dies ein zusätzliches Angebot für gut integrierte Menschen sei.
Seit Beginn des Konflikts in der Ukraine vor drei Jahren hat die Tschechische Republik bis Ende letzten Jahres insgesamt 659.970 Menschen vorübergehenden Schutz gewährt. Unter den EU-Ländern nahm das Land gemessen an der Bevölkerungszahl die meisten ukrainischen Flüchtlinge auf. Fast 400.000 Flüchtlinge aus der Ukraine genossen im Dezember 2024 vorübergehenden Schutz, d.h. auf 1.000 Einwohner kamen etwa 36 Flüchtlinge.
Inflation in Tschechien lag weit über EU-Schnitt
Die Inflation war in den fünf Jahren von Januar 2020 bis Januar 2025 in Tschechien wesentlich höher als in den meisten anderen EU-Ländern, meldet Radio Prag. Während der Durchschnitt in der EU bei 24,6% lag, erreichte sie in Tschechien 39,8%. Das war der fünfthöchste Wert in EU, wobei Ungarn mit 53,5% an der Spitze lag. Der Preisanstieg war bei verschiedenen Warengruppen sehr unterschiedlich: Bei Kleidung belegte Tschechien mit 49,3% den Spitzenplatz in der EU, deren Durchschnitt bei 11,4% lag, ebenso bei Unterkünften mit 58,3% gegenüber 29,5% im EU-Schnitt. Bei Lebensmitteln lag Tschechien mit 33,6% Teuerung im Mittelfeld und bei Benzin mit 13,4% unter dem EU-Durchschnitt von 21,7%.
Karte der EU zu regionalen Disparitäten

Im 9. Kohäsionsbericht hat die Europäische Kommission u.a. eine interessante Karte zur wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen Europas veröffentlicht. Diese gibt es auch als interaktive Karte. Die regionale Einteilung erfolgt anhand der sogenannten NUTS-3-Ebene. In Tschechien sind das die Bezirke (kraj), in Deutschland die Landkreise und kreisfreien Städte. Der Index gibt an, wie wahrscheinlich sich die einzelnen Regionen auf einem Wachstumspfad befinden, basierend auf Daten von 2001 bis 2021.
Die Karte zeigt insgesamt das interessante Bild, dass die EU-Kommission deutlich optimistischere Aussichten für den Osten und Norden Europas sieht als für den Westen und Süden. Innerhalb Tschechiens (siehe Grafik) zeigt sich ein differenziertes Bild: Man erkennt die üblichen Verdächtigen für eher rückständige Regionen, d.h. die Bezirke Karlsbad und Ústi in Nordwestböhmen und Mährisch-Schlesien im Osten. Interessanterweise hat auch der Bezirk Südböhmen keine sehr gute Entwicklung. Für den Rest Tschechiens ist die EU-Kommission hingegen überdurchschnittlich zuversichtlich.
Die interaktive Karte bietet noch weitere Indikatoren auf der regionalen Ebene, so dass es durchaus interessant ist, sie ein wenig auszuprobieren. So gibt es da eine Karte zu Gefahren für die Entwicklung, in der nicht nur den drei genannten Bezirken eine sinkende Arbeitsbevölkerung und mangelndes tertiäres Ausbildungsniveau attestiert wird, sondern auch u.a. Sachsen.
Bis zu 900.000 Tschechen haben schädlichen Alkoholkonsum
Die Nationale Beobachtungsstelle für Drogen und Abhängigkeit hat diese Woche den Jahresbericht über Alkohol und Drogen vorgestellt. Auf einer Pressekonferenz warnte die Leiterin der Behörde vor dem übermäßigen Alkoholkonsum in Tschechien.
Die Bevölkerung wird dabei je nach täglichem Alkoholkonsum und Risikograd in vier Gruppen eingeteilt: schädlich mit Gesundheitsschäden, riskant mit Gesundheitsrisiken, mäßig und abstinent. Ein täglicher Konsum zwischen 40 und 60 g für Männer und zwischen 20 und 40 g für Frauen wird als riskant eingeschätzt, alles darüber gilt als schädlich. Ein übliches alkoholisches Getränk enthält 16 bis 20 g Alkohol.
Zwischen sechs und zehn Prozent der über 15-Jährigen, d.h. zwischen 600.000 und 900.000, sind schädliche Trinker. Zwischen 15% und 18% trinken Alkohol in riskantem Maß. Das sind immerhin 1,3 bis 1,6 Millionen. Bis zu 13 Prozent der Erwachsenen trinken mindestens einmal pro Woche exzessiv - bis zu 21 Prozent der Männer und bis zu sieben Prozent der Frauen.
Tschechien auf Platz 20 im Glücklichsein
Soeben wurde der Wold Happiness Report 2025 der Universität Oxford veröffentlicht, der untersucht, in welchen Ländern die Menschen wie glücklich sind. Dabei werden unterschiedliche Indikatoren wie soziale Unterstützung, Wohlstand, Freiheit oder Korruption in 140 Ländern untersucht und gewichtet. In diesem Jahr wurde ein besonderes Augenmerk auf die Aspekte Fürsorge und Teilen gelegt.
Wie üblich landen skandinavische Länder auf den ersten Plätzen. Tschechien erreicht Platz 20, nach Platz 18 im Vorjahr. Deutschland liegt zwei Plätze dahinter gegenüber Platz 24 im Jahr zuvor.
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