Euroregion Elbe/Labe

Derweil in Tschechien... 48/25

Jaroslav Rudiš erhält Riesengebirgspreis – Tschechien hat einen neuen Premierminister – Erstmals Michelin-Führer für Tschechien – Hřensko beseitigt erste Grenzmarktbuden – Eine Bank erinnert an böhmische Flüchtlinge – Klosterbibliothek Osek in Teplice

12.12.2025

Jaroslav Rudiš bei den Tschechisch-Deutschen Kulturtagen 2025
Jaroslav Rudiš bei den Tschechisch-Deutschen Kulturtagen 2025 (© Euroregion Elbe/Labe)

Jaroslav Rudiš erhält Riesengebirgspreis

Der tschechische Autor Jaroslav Rudiš ist der diesjährige Träger des Riesengebirgspreises für Literatur. Die Auszeichnung wurde ihm letzten Sonntag in Jelenia Góra (Hirschberg) feierlich übergeben. Laut Sächsischer Zeitung war auch der Schirmherr und Ministerpräsident Sachsens, Michael Kretschmer, anwesend. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert und wird seit 2019 alle zwei Jahre vom Verein zur Pflege schlesischer Kunst und Kultur verliehen. Er zeichnet bedeutende literarische Beiträge zum kulturellen Leben Schlesiens im Geist der gegenseitigen Verständigung aus. Rudiš stammt aus dem nordböhmischen Turnov und lebt heute abwechseln in Berlin und Lomnice nad Popelkou, das rund 80 Kilometer von Jelenia Góra entfernt ist.

Tschechien hat einen neuen Premierminister

Andrej Babiš (2025)
Andrej Babiš (2025) (© Vox España)

Andrej Babiš ist neuer Premierminister Tschechiens. Am Dienstagmorgen wurde der 71-jährige von Präsident Petr Pavel ernannt. Er kehrt nach vier Jahren in das Amt zurück. Noch führt er die Regierung nicht an, denn die Minister werden erst am Montag vom Präsidenten in ihr Amt eingeführt. Binnen 30 Tage nach ihrer Ernennung muss die Regierung vom Parlament mit einer einfachen Mehrheit bestätigt werden.

Vor seiner Ernennung hatte Babiš in einem Video bekannt gegeben, sich von allen Anteilen seiner Agrar-Chemie-Holding Agrofert zu trennen. Sie werden in eine Truststruktur übergeben und von einem unabhängigen Verwalter geführt. Babiš werde, so seine Worte, auch nach seinem Ausscheiden als Regierungschef nicht mehr die Kontrolle über Agrofert übernehmen. Seine Kinder erhalten Agrofert erst nach seinem Tod.

Babiš reiste nach seiner Ernennung nach Brüssel und traf sich mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem Ratspräsidenten António Costa.

Erstmals Michelin-Führer für Tschechien

Der Michelin-Restaurantführers erscheint erstmals in einer eigenen Länderausgabe für Tschechien. Außerdem wurden neun Restaurants mit dem begehrten Stern geehrt, davon ein Restaurant sogar mit zwei Sternen. Sechs Restaurants erhielten den Stern zum ersten Mal.

Voraussetzung dafür, dass ein eigener Tschechien-Führer erscheinen konnte, war die Zahlung einer rund 2 Millionen Euro teuren Gebühr durch die tschechische Regierung. Damit ist zugleich das Erscheinen des prestigeträchtigen Restaurantführers für fünf Jahre gesichert. Da sich die Restauranttests anders als in den letzten Jahren nicht nur auf Prag beschränkten, stieg die Zahl der Michelinsterne in Tschechien deutlich an. Allein vier wurden außerhalb von Prag vergeben. Um einen Stern zu erhalten, muss das Restaurant fünf strenge Kriterien erfüllen, zu denen die Qualität der Zutaten, die Geschmacksharmonie, die Meisterschaft der Kochtechnik, eine originelle Küche, personalisiert durch den Chefkoch sowie eine dauerhaft hohe Qualität.

Zwar ging kein Michelin-Stern ins nordböhmische Grenzgebiet. Aber mit dem „Arrigo“ in Děčín (Tetschen) und dem „V Bezovém Údolí“ in Kryštofovo údolí (Christofsgrund) bei Liberec (Reichenberg) haben es zwei Spitzenrestaurants in den Führer geschafft.

Hřensko beseitigt erste Grenzmarktbuden

Marktbuden in Hřensko
Marktbuden in Hřensko (© Steffen Neumann)

Das Grenzdorf Hřensko (Herrnskretschen) arbeitet an seinem Image. Bisher war es nicht nur für die Edmundsklamm und die Wilde Klamm bekannt, sondern auch für die vielen Marktbuden mit allerlei Waren zweifelhafter Qualität. Kürzlich hatte Bürgermeisterin Kateřina Horáková angekündigt, dass ein Teil der Marktbuden verschwinden müsse. Dabei geht es um jene, die auf Grundstücken in Gemeindebesitz stehen. Manche Buden nehmen den kompletten Fußweg ein. Sie stehen in der Regel als Vorbau vor Häusern, teils aber auch als eigene Aufbauten.

Neuvermessungen haben ergeben, dass es um ungefähr 20 Buden geht. Zwar hatten die Händler dafür auch eine Genehmigung. Die stammte aber aus dem Jahr 2004 und lief vor einem Jahr aus. Nun hat die Gemeinde den Händlern, die der vietnamesischen Minderheit angehören, ein Ultimatum bis zum Jahresende gestellt, ihre Buden zu beseitigen. Ein erster Stand wurde bereits entfernt. Erstmals nach mehr als 20 Jahren kamen so wieder der Fußweg und die Hausfassade zum Vorschein.

Die Kundschaft an den Ständen und Buden stammt ausschließlich aus Deutschland oder sind Touristen, die sich für die vermeintlich billige Ware interessieren. Für tschechische Kunden sind die Stände komplett uninteressant. In Tschechien sind die Buden jedoch ein Grund für den zweifelhaften Ruf von Hřensko.

Eine Bank erinnert an böhmische Flüchtlinge

Jana Cejpová vom Kirchenvorstand Salvatorkirche Prag und das Ehepaar Krüger von der Johanneskirche
Jana Cejpová vom Kirchenvorstand Salvatorkirche Prag und das Ehepaar Krüger von der Johanneskirche (© Steffen Neumann)

Ein Treck zieht vorüber. Wagen voller Gepäck, von Pferden gezogen, aber auch nur von Menschen. Darüber ein aufgeschlagenes Buch und ein Kelch. Das Buch ist die Bibel, das wird schnell klar. Und die Flüchtlinge sind Protestanten. Rechts ist Prag dargestellt und dazu das Jahr 1621, links Dresden, dazwischen Moldau und Elbe. Damals tobte der Dreißigjährige Krieg. In der Schlacht am Weißen Berg, damals noch vor Prag gelegen, erlitten die vereinigten protestantischen Heere eine vernichtende Niederlage gegen die kaiserlichen Truppen. Und auch wenn der Krieg dann noch 27 Jahre weiterging, für Böhmen und alle, die dem protestantischen Glauben anhängen, war das Schicksal besiegelt. Ihre Anführer wurden umgebracht und ihre Köpfe und Körper zur Abschreckung noch Monate auf dem Altstädter Ring ausgestellt. Alle anderen mussten entweder zurück in den Schoß der katholischen Kirche oder fliehen.

All das findet sich auf den Holzlehnen einer Bank, dargestellt von dem Holzbildhauer Ivo Švejnoha aus dem tschechischen Kytlice (Kittlitz) bei Nový Bor (Haida). Die Bank steht in Dresden vor dem Johanneshaus (Haydnstr. 23) und wurde am Vormittag des 2. Advent eingeweiht.

Doch warum steht eine Bank mit Motiven der böhmischen Exulanten vor einem Gemeindehaus in Dresden? Sie erinnert an die böhmischen Spuren in Dresden, die durch Krieg und mehrere Gemeindereformen verblasst und verwischt ist. Denn auch in Dresden hatten sich böhmische Exulanten niedergelassen. Sie gründeten die Erlöserkirche, getreu ihrer Prager Heimatgemeinde zum Salvator, lateinisch für Erlöser. Doch der Kirchenbau in der Paul-Gerhardt-Straße wurde bei den Luftangriffen im Februar 1945 schwer beschädigt und 1962 abgerissen. Mehr zur Gemeindegeschichte finden Sie hier.

Heute heißt die Kirchgemeinde Johannes-Kreuz-Lukas. Nun erinnert die Bank nicht nur an die Herkunft der Gemeinde, sondern auch an die alte Erlöserkirche, die gemeinsam mit der Prager Salvatorkirche ebenfalls auf den Lehnen dargestellt ist. Und nicht nur das: Zwei Kelche der böhmischen Glaubensschwestern und -brüder sind der Gemeinde auch geblieben. Sie sind allerdings erst kürzlich zurückgekehrt, waren lange ausgelagert bzw. Teil der Ausstellung Sachsen Böhmen 7000 vor sieben Jahren in Chemnitz. Bei der Einweihung war übrigens Jana Cejpová vom Kirchenvorstand der Salvatorgemeinde anwesend. Beide Gemeinden unterhalten bis heute eine enge Partnerschaft. Finanziell unterstützt wurde die Herstellung der Bank, deren Rahmen aus feuerverzinktem Stahl von der Firma Metallgestaltung & Schmiede Andreas Nestler in Freital gefertigt wurde, vom Stadtbezirksbeirat Dresden-Blasewitz.

Die Lehnen und Sitzflächen der Bank sind nicht das erste Werk von Ivo Švejnoha in Dresden. Im Zschonergrund steht bereits ein Werk von ihm unter freiem Himmel - es ist auch eine Bank.

Klosterbibliothek Osek gastiert in Teplice

Die Bibliothek des Zisterzienserklosters Osek (Ossegg) ist normalerweise nicht für Besucher geöffnet. Doch bis Februar ändert sich das. Vorübergehend sind die teils über 500 Jahre alten Bände nämlich ins Regionalmuseum Teplice (Teplitz) umgezogen. Das befindet sich im früheren Schloss. Dort wurde ein Raum geschaffen, der ganz der Bibliothek in Osek nachgebildet ist. So können Besucher das Gefühl bekommen, eigentlich im Kloster in Osek zu sein.

Noch bis zum 15. Februar ist eine Auswahl der überwiegend barocken Bände zu sehen. Die Bibliothek selbst wurde 1725 gegründet. Nicht nur Bücher, sondern auch Statuen von Heiligen wie Johannes Chrysostomos, Thomas von Aquin und Bernhard von Clairvaux sind ausgestellt. Dazu werden kleine Drucke gezeigt, bei denen es sich teils um Unikate handelt. Eine Besonderheit ist das Gemälde von Benedikt Littwerig, des Gründers der Bibliothek. Das Porträt stammt nicht aus der Bibliothek, sondern aus dem Depot des Regionalmuseums, und lief bisher unter dem Namen „Unbekannter Mönch“. Erst in Vorbereitung der Ausstellung konnte festgestellt werden, dass es sich um Bibliotheksgründer Littwerig handelt.

Die Ausstellung ist täglich außer montags zu den üblichen Zeiten des Museums geöffnet, also von 13 bis 17 Uhr, am Wochenende zusätzlich von 10 bis 12 Uhr.


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