Euroregion Elbe/Labe

Derweil in Tschechien... 5/25

Prag wird untertunnelt – 13 Mammute in Ústí gefunden – Tod von Jan Masaryk wird erneut untersucht – Tschechischer Verkehrsminister in Dresden – Diskussion um Spannbetondächer auf Industriehallen – Weniger Verkehrstote in Tschechien – Kampagne "Trockener Februar" – Mehr tschechisches Bier und Essen in Dresden

31.01.2025

Prag wird untertunnelt

Bahntunnelprojekt in Prag
Bahntunnelprojekt in Prag (© Správa železnic; Legende bearb.)

Die Tschechische Eisenbahnverwaltung (Správa železnic) plant ein großes Projekt von unterirdischen regionalen Bahnverbindungen im Prager Zentrum. Es besteht aus zwei sich kreuzende Tunnelstrecken mit einer Gesamtlänge von 10,6 Kilometern, einem neuen zweistöckigen Bahnhof unter dem Hauptbahnhof und vier weiteren neuen unterirdischen Bahnhöfen. Damit soll auch der Flughafen eine Direktverbindung zum Hauptbahnhof erhalten. Aus einer Machbarkeitsstudie hat das Verkehrsministerium nun die Vorzugsvariante ausgewählt, wofür jetzt in die notwendigen Planungs- und Genehmigungsprozesse beginnen.

Die Bauarbeiten werden frühestens 2035 beginnen, und vor 2047 ist nicht mit einem Beginn der Zugverkehrs zu rechnen. Insgesamt soll das Projekt nach jetzigen Preisen ca. 7,4 Mrd. Euro kosten. Ziel ist es, den immer weiter ansteigenden Pendlerverkehr aus dem Prager Umland in die Stadt auf nachhaltige Weise abzuwickeln. Auf den bestehenden Gleisen ließen sich keine zusätzlichen Züge mehr unterbringen, und in den nächsten 25 Jahren rechnet der Bezirk Mittelböhmen mit einem Bevölkerungszuwachs von 300.000 Menschen.

13 Mammute in Ústí gefunden

Archäologische Fundstätte in Ústí-Bukov
Archäologische Fundstätte in Ústí-Bukov (© Ústav archeologické památkové péče severozápadních Čech)

Bei den Bauarbeiten für das neue große Justizareal (manche sagen auch Justizpalast) in Ústí-Bukov stieß man im November auf prähistorische Knochenfunde. Sie wurden seitdem ausgegraben, untersucht und diese Woche der Fachöffentlichkeit präsentiert.

Es handelt sich um ein Lager von Mammutjägern, die hier vor ca. 22.000 Jahren in der Zeit der sog. Gravettien-Kultur lebten. Es wurden die Überreste von mindestens 13 Mammuts unter Tausenden von Tierknochen sowie diverse von Menschenhand geschaffene Artefakte gefunden. Letztere beinhalten u.a. Steinwerkzeuge und Basaltblöcke, mit denen vermutlich die Knochen von Mammuts aufgebrochen wurden.

Am 27. und 28. Januar wurde die Stätte fast hundert Archäologen und anderen Naturwissenschaftlern aus Tschechien und dem Ausland vorgestellt. Man beriet insbesondere über die Arbeitsweise, die Methoden zur Dokumentation der Funde und die Probenahmestrategien zur Erforschung der Umwelt jener Zeit. Es sollen modernste Methoden genutzt werden, um ein Maximum an Informationen über das Leben der Jäger und Sammler, über die Fauna dieser Zeit und über die Umwelt im Allgemeinen und ihre Veränderungen während der letzten Eiszeit zu erhalten.

Tod von Jan Masaryk wird erneut untersucht

Leiche Jan Masaryks im Innenhof des Außenministeriums
Leiche Jan Masaryks im Innenhof des Außenministeriums (© Archiv des Zentrums für die Dokumentation der totalitären Regimen)

Jan Masaryk, Sohn der ersten tschechoslowakischen Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk, war ab 1940 Außenminister der Tschechoslowakei. Er blieb dies auch nach der Machtübernahme der Kommunisten im Februar 1948. Doch am 10. März 1948 wurde er tot im Pyjama unter dem Fenster des Badezimmers seiner Dienstwohnung im Palais Czernin (Černínský palác), dem damaligen und heutigen Sitz des Außenministeriums, gefunden. Manchmal wird das als "dritter Prager Fenstersturz" bezeichnet. Es ist bis heute nicht eindeutig geklärt, ob es Mord oder Selbstmord (oder ein Unfall) war. Vor allem nach der Samtenen Revolution kocht diese Frage immer wieder hoch. Das Thema wurde auch literarisch verarbeitet, z.B. auf sehr interessante Weise aus Sicht des Palais Czernin von Marek Toman in seinem Buch "Lob des Opportunismus" von 2021.

Nun gehen die Ermittlungen in eine neue Runde: Das Amt zur Dokumentation und Aufklärung der Verbrechen des Kommunismus (Úřad dokumentace a vyšetřování zločinů komunismu, ÚDV), ein Sonderorgan der tschechischen Polizei, ermittelt wieder in den Fall wegen des Verdachts auf Mord. Hintergrund seien im August vergangenen Jahres aufgetauchte, bisher nicht bekannte Dokumente aus diplomatischen Archiven Frankreichs, der USA und Großbritanniens. Diese könnten neue Informationen enthalten und zur Aufklärung des Falles beitragen.

Tschechischer Verkehrsminister in Dresden

Martin Kupka und Dirk Hilbert auf der Carolabrücke
Martin Kupka und Dirk Hilbert auf der Carolabrücke (© FB Dirk Hilbert)

Der tschechische Verkehrsminister Martin Kupka besuchte gestern Dresden. Der Hauptgrund dafür war natürlich die durch die eingestürzte Carolabrücke und die gesperrte Brücke in Bad Schandau eingeschränkte Schiffbarkeit der Elbe. Er traf sich mit Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert und besichtigte mit ihm gemeinsam die Carolabrücke. Danach fand ein Treffen mit der sächsischen Staatsministerin für Infrastruktur und Landesentwicklung Regina Kraushaar statt. Hier war zusätzlich die Schnellbahnverbindung Dresden-Prag ein Thema. Der Minister hat zu seinem Besuch ein kleines Video bei Facebook veröffentlicht (kann man auch ohne Anmeldung sehen). Auch Dirk Hilbert äußerte sich bei Facebook: Er lobte den Besuch des tschechischen Verkehrsministers und kritisierte gleichzeitig, dass der deutsche Verkehrsminister sich noch nicht in Dresden angekündigt hätte. Das Interesse wäre in Prag offensichtlich größer als in Berlin.

Diskussion um Spannbetondächer auf Industriehallen

Nicht nur sächsische Brücken sind als Spannbetonkonstruktionen einsturzgefährdet, sondern laut tschechischen Ingenieuren und Technikern auch viele Dächer von Industriehallen. Ähnlich wie bei der Carolabrücke in Dresden sehen Experten der TU Ostrava ein grundlegendes Problem in Fehlern beim Einbau der ab den 1960er Jahren verwendeten Spannbetonbinder. Auch spätere, nicht fachgerechte Umbauten trügen dazu bei, dass Wasser in die Binder eindringt und zu Korrosion führt. Die Forscher wiesen auf vier Einstürze solcher Industriehallen in Tschechien seit 2010 hin, darunter im April 2023 eine nicht mehr genutzte Industriehalle in Ostrava. Die Kammer der autorisierten Ingenieure und Techniker (ČKAIT) fordert nun verstärkte, regelmäßige Kontrollen der Statik. In diesem Zusammenhang wird der Einsturz einer Fußgängerbrücke in Prag-Troja 2017 als bekanntestes tschechisches Beispiel für den Zusammenbruch einer Spannbetonbrücke erwähnt.

Weniger Verkehrstote in Tschechien

Tschechiens Straßen werden immer sicherer. Im Jahr 2024 ging die Zahl der Verkehrstoten auf 438 zurück, 17 weniger als im Vorjahr. Tschechien kommt damit auf einen relativen Wert von ca. 40 Verkehrstoten pro 1 Mio. Einwohner. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 2024 (hochgerechnet) 2830 Verkehrstote, das sind ca. 34 pro 1 Mio. Einwohner.

Weitere positive (d.h. zahlenmäßig negative) Trends waren der Rückgang der Zahl schwerverletzter Personen und getöteter Fußgänger auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen, der Fälle von Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss um zehn Prozent sowie der Zahl der Geschwindigkeitsübertretungen ebenfalls um zehn Prozent.

Fahren mit MentorDie erfreuliche Entwicklung in Tschechien wird u.a. auf das Programm L17 zurückgeführt, das Fahranfängern ab 17 Jahren das Fahren mit einem Mentor ermöglicht. Damit sollen junge Fahrer verantwortungsbewusster werden, und es lässt sich auch ein Rückgang alkohol- sowie drogenbedingter Unfälle erkennen. Rund 20% der Fahranfänger hätten dieses Programm 2024 genutzt. Es gibt zudem weitere Kampagnen wie „Kamarádi v automobilu“ (Freunde im Auto) oder „Nultá hodina autoškoly“ (Nullte Stunde Fahrschule), die sich an junge Menschen richten.

Kampagne "Trockener Februar"

In anderen Ländern wird gern im Januar zum bewussten Verzicht auf bestimmte Lebensmittel aufgerufen, z.B. Alkohol ("Dry January") oder Fleisch ("Veganuary"). Während diese "Januare" heute ihren letzen Tag haben, beginnt in Tschechien morgen der "Suchej únor" (Trockener Februar). Diese Kampagne gibt es seit 2013. Im letzten Jahr sollen sich laut der gleichnamigen Organisation bereits 1,2 Millionen Erwachsene daran beteiligt haben, also ca. 13% der Bevölkerung ab 15 Jahren.

Gleichzeitig verzeichnen tschechische Brauereien einen deutlichen Anstieg des Verbrauchs alkoholfreier Biere, meldet Radio Prag. Laut dem Historiker Filip Vrána ist er von 2019 zu 2023 um ca. 1/3 gestiegen. Dies sei keine kurzzeitige Mode, sondern ein langfristiger Trend.

Mehr tschechisches Bier und Essen in Dresden

Für Liebhaber der böhmischen Küche gibt es eine neue Anlaufstelle in Dresden: In Pieschen hat das neue Restaurant "Babička im Rausch" eröffnet. Der Name hat nichts mit dem Alkoholkonsum der Großmutter zu tun. Vielmehr ist das Restaurant eine Art Außenstelle des "Babička" in Pirna, die im bisherigen Restaurant "Rausch" (früher mal "Rausch&Rausch") eingezogen ist. Betreiber Josef Micek verantwortet außerdem noch das "Hurvinek" im Dresdner Osten. Für ihn war die installierte Tankbieranlage der ausschlaggebende Grund, das Restaurant zu übernehmen, mit der er nun erstmals frisches, unfiltriertes und unpasteurisiertes Bier aus Pilsen anbieten kann. Das geht in seinen anderen Restaurants nicht und ist in Dresden auch ansonsten eine Seltenheit.

 


 

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